Forderung führender Wirtschaftspolitiker Union will Mindestlohn erst ab 21 Jahren

Berlin · Die Koalitionspartner streiten über eine Altersgrenze für die geplante gesetzliche Lohnuntergrenze. Die Parteichefs Merkel, Seehofer und Gabriel wollen am heutigen Dienstag über neue Lösungswege beraten.

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Foto: dpa, Patrick Seeger

Führende Wirtschaftspolitiker der Union haben eine Altersgrenze von mindestens 21 Jahren beim geplanten gesetzlichen Mindestlohn gefordert. "Eine Altersgrenze von 21 Jahren beim Mindestlohn ist das Mindeste", sagte Christian von Stetten, Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion. Auch Carsten Linnemann, Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung MIT, erklärte: "Ich halte die Zahl 18 für definitiv zu gering." Die Koalition solle sich am niederländischen Vorbild orientieren. "In den Niederlanden gilt der volle Mindestlohn erst ab 23 Jahren. Das ist für mich ein guter Orientierungsmaßstab", sagte Linnemann.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will den Gesetzentwurf zur Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde heute in die Ressortabstimmung geben, erfuhr unsere Zeitung aus Koalitionskreisen. Er soll am 2. April vom Kabinett gebilligt werden. Nahles hatte erklärt, sie wolle nur Minderjährige bis zur Altersgrenze von 18 Jahre vom Mindestlohn ausnehmen.

Sechs-Augen-Gespräch

Der Union geht diese Altersgrenze jedoch nicht weit genug. Die drei Parteichefs von CDU, CSU und SPD, Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, wollen am Dienstag in einem Sechs-Augen-Gespräch Kompromisse ausloten. Ausnahmen fordert die Union auch für Mini-Jobber und Erntehelfer.

Auch die Zeitungsverleger dringen auf Ausnahmen für die etwa 160.000 Zeitungsboten, da diese bisher einen Stücklohn und Wegegeld anstelle eines Stundenlohns erhielten. Der Bundesverband der Zeitungsverleger argumentiert, dass bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro bis zu 16.000 Stellen in der Zeitungszustellung gestrichen werden müssten und sich die Zustellkosten um etwa 225 Millionen Euro erhöhten. "Mit dem Mindestlohn werden auch Leistungsvorgaben eingeführt, die viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen mit ihren individuellen Fähigkeiten absehbar überfordern würden", kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff.

"Deutlich wird dies bei der notwendigen Umstellung vom bisherigen Stück- auf einen Stundenlohn für Zeitungszusteller", sagte Wolff. "Ein Stundenlohnmodell würde ohne die Festlegung einer durchschnittlichen Soll-Gehzeit für jede Wegstrecke nicht auskommen." Wer aber als Zeitungszusteller — etwa als Rentner — diese zeitliche Vorgabe nicht einhalten könne, laufe Gefahr, seinen Job zu verlieren. Das Zusteller-System kenne bislang "keinen derartigen Leistungsdruck", so Wolff.

Vertrauensverhältnis wiederherstellen

Das Treffen der drei Parteichefs heute soll auch helfen, das angeschlagene Vertrauensverhältnis der Koalitionspartner nach der Affäre um den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy zu verbessern. Die CSU trägt der SPD nach, dass ihr früherer Innenminister Hans-Peter Friedrich zurücktreten musste, weil der die Information über mögliche Ermittlungen gegen Edathy wegen des Besitzes von Kinderpornografie weitergegeben hatte. Zudem hält die Krim-Krise die Koalition in Atem.

Dass die Fraktionschefs und Generalsekretäre auch diesmal nicht mit am Tisch sitzen werden, ist für die Opposition ein klares Signal der Schwäche der Regierung. "Diese Bundesregierung wird nicht von einer Koalition zusammengehalten, sondern von einem Krisenstab", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. "Von der Energiewende, über Doppelpass zu Rente — Konflikte zu besprechen gibt es genug. Statt sich mit den Zukunftsfragen zu beschäftigen, verharrt die Große Koalition im Streitmodus", sagte die Grünen-Politikerin.

(mar/qua)
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