Trotz Streik der Lokführer Scholz will an Tarifeinheitsgesetz festhalten

Berlin · SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sieht vor dem Hintergrund des Lokführer-Streiks bei der Bahn keinen Änderungsbedarf beim Tarifeinheitsgesetz. Das Gesetz sei nie dafür vorgesehen gewesen, Streiks zu verhindern, sondern Kooperationen von Gewerkschaften zu ermöglichen, heißt es vom Arbeitsministerium.

 Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und Bundesminister der Finanzen.

Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und Bundesminister der Finanzen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Auch vor dem Hintergrund des Lokführer-Streiks bei der Bahn will SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Tarifeinheitsgesetz festhalten. „Ich glaube schon, dass das ein notwendiger gesetzlicher Fortschritt war, dass wir versuchen, dass die Verhältnisse in den Betrieben so sind, dass die Gewerkschaften tatsächlich Verhandlungspartner sein können für die Arbeitgeber und dass wir dort gute Beziehungen organisiert bekommen“, sagte Scholz am Freitag bei einer Gesprächsrunde mit Verdi-Chef Frank Werneke in Berlin.

Werneke sagte: „Da haben wir einen Dissens, wir haben ja als Verdi Verfassungsbeschwerde gegen das Tarifeinheitsgesetz eingereicht, wir haben leider nicht vollständig obsiegt, aber damit ist klar geworden, dass wir das kritisch bewerten.“ Karlsruhe hatte 2017 entschieden, dass die von der damaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf den Weg gebrachten Regelungen zur Tarifeinheit weitgehend verfassungsgemäß sind.

Das Tarifeinheitsgesetz gebe Arbeitgebern die Möglichkeit, Gewerkschaften gegeneinander auszuspielen, sagte Werneke. „Das führt zu einer Verschärfung des Wettbewerbes zwischen Gewerkschaften, was wir ja gerade bei der Auseinandersetzung bei der Deutschen Bahn erleben.“ Das Gesetz sei eine Grundlage des Bahnstreiks.

Gleichzeitig wandte sich Werneke gegen Forderungen aus der Opposition, dass sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gegen die Ausstände bei der Bahn einsetzen. „Davon halte ich nichts. Natürlich kann man überlegen, ob es noch einmal eine politische Ebene gibt, wo eine Vermittlung, eine Mediation möglich ist, da ist dann aber weder die Bundeskanzlerin noch der Bundesverkehrsminister die richtige Adresse.“ An die Adresse der Bahngewerkschaft GDL sagte Werneke: „Tarifverhandlungen kommen nur dann zu Ende, wenn man auch verhandelt.“ Er habe zwar Verständnis für die GDL gezeigt, sagte der Verdi-Chef. Er betonte aber: „Es ist dann auch einmal die Zeit, das Gespräch zu suchen und zu den Verhandlungen zu gehen, weil sonst gibt es keine Resultate.“

Eine Sprecherin von Minister Hubertus Heil (SPD) sagte am Freitag in Berlin, das Gesetz sei nie dafür vorgesehen gewesen, Streiks zu verhindern, sondern Kooperationen von Gewerkschaften zu ermöglichen. Dies habe sehr gut geklappt, selbst innerhalb der Bahn habe es lange Zeit geklappt. Das Arbeitsministerium sehe keinen Änderungsbedarf.

Nach dem 2015 verabschiedeten Tarifeinheitsgesetz soll bei zwei Gewerkschaften in einem Betrieb nur der Tarifvertrag der größeren Arbeitnehmervertretung angewendet werden. „Ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ wird dieser Grundsatz genannt. In einem Großteil der rund 300 Bahnbetriebe ist das aus Sicht der Bahn die EVG.

Mit dem Gesetz hatte die damalige Koalition sicherstellen wollen, dass es zumindest pro Betrieb immer nur einen Tarifvertrag geben kann. Verdi und andere Gewerkschaften hatten bereits damals gefürchtet, dass sie ihre Ziele nicht mehr durchgesetzt bekommen und am Ende den Kürzeren ziehen.

(ala/dpa)
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