Corona-Krise und Teuerung Trotz der Geldflut kaum Inflationssorgen bei Ökonomen

Berlin · Fallende Ölpreise haben die Inflation in Deutschland spürbar gedämpft. Die Verbraucherpreise stiegen im März nur noch um durchschnittlich 1,4 Prozent zum Vorjahresmonat. Doch droht langfristig mehr Inflation, weil die Europäische Zentralbank (EZB) die Kreditnachfrage ankurbelt und Staaten sich massiv verschulden?

 EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat massive Hilfen der Notenbank für Banken und Unternehmen angekündigt.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat massive Hilfen der Notenbank für Banken und Unternehmen angekündigt.

Foto: dpa/Boris Roessler

Im Februar hatte die Teurerung noch bei 1,7 Prozent gelegen. Die niedrigere Inflationsrate im März ist vor allem auf den Absturz der Ölpreise zurückzuführen. Dadurch verbilligte sich Energie um 0,9 Prozent im Vergleich zum März 2019. Vor allem Heizöl verbilligte sich deutlich, auch Benzin wurde günstiger. Rohöl hat sich wegen der weltweiten Rezession infolge der Coronavirus-Pandemie stark verbilligt. Nahrungsmittel verteuerten sich dagegen im Jahresvergleich um 3,7 Prozent und damit so kräftig wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. „Hier stiegen insbesondere die Preise für Fleisch und Fleischwaren sowie Obst mit jeweils 8,8 Prozent“, so das Statistikamt.

Die Teuerungsrate dürfte aber im laufenden Jahr auf 0,6 Prozent fallen, sagen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem jüngsten Gutachten voraus. „So dürften sich die privaten Haushalte mit Konsumausgaben, bei denen Begegnungen mit anderen Personen das Ansteckungsrisiko erhöhen, vorerst zurückhalten“, heißt es darin. „Die geringere Nachfrage in diesen Bereichen wirkt in der Tendenz preisdämpfend.“ Demgegenüber dürften sich die Preise dort erhöhen, wo sich das Angebot aufgrund von Engpässen durch gestörte Lieferketten oder fehlende Arbeitskräfte verknappe.

Der Anstieg der Preise für Obst und Gemüse im März sei kein Zeichen für eine beginnende Inflation, sagte auch Kristian Tödtmann von der Dekabank. „Die sonst im März üblichen, saisonal bedingten Preisrückgänge für Obst und Gemüse fallen wegen der Corona-Krise geringer aus. Nur deshalb ist die Inflationsrate für diese Nahrungsmittel im Vergleich zum März 2019 stärker gestiegen“, sagte Tödtmann. „Das lag aber überwiegend an Lieferproblemen, zum Beispiel fehlten Erntehelfer. Hamsterkäufe hatten keine Auswirkungen auf die Preise, das ist Fake News“, sagte Tödtmann.

„Kurzfristig wird alles vom sinkenden Ölpreis überlagert. Mittelfristig halten sich inflationsdämpfende Effekte wie ein geringerer Lohnanstieg und inflationssteigernde Effekte wie Güterknappheit die Waage. Langfristig könnte es wegen der Geldflut der EZB und der hohen Kreditnachfrage von Unternehmen und Staaten wieder höhere Inflationsraten geben“, sagte Commerzbank-Experte Ralph Solveen voraus. Im Unterschied zur Finanzkrise 2009 komme die Geldspritze der EZB in der Corona-Krise nicht überwiegend nur dem Bankensektor zugute, sondern der gesamten Wirtschaft. „Es findet also eine Geldschöpfung im Nicht-Banken-Sektor statt, und die wird langfristig auch zu Preissteigerungen führen“, sagte Solveen.

Dekabank-Experte Tödtmann fürchtet dagegen kaum Inflationsgefahr. „Auch langfristig sehe ich keinen Inflationsdruck. Die Mehrausgaben der Staaten werden im besten Fall den Nachfrageausfall durch den Corona-Schock lindern können“, sagte er. Die Arbeitslosigkeit werde zunehmen, die Arbeitnehmervertreter weniger Lohnerhöhungen durchsetzen können. „Ich mache mir eher Sorgen um sinkende Inflationsraten.“

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