Essen ThyssenKrupp macht fünf Milliarden Verlust

Essen · Der Aufsichtsrat von ThyssenKrupp musste gestern Abend eine katastrophale Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr 2011/12 zur Kenntnis nehmen: Der Jahresfehlbetrag des Gesamtkonzerns betrug fünf Milliarden Euro, wie der Konzern noch während der Sitzung mitteilte. Damit verschlechterte sich der Wert gegenüber dem Vorjahr noch einmal um 3,2 Milliarden Euro. Konzernchef Heinrich Hiesinger will die Zahlen heute der Öffentlichkeit präsentieren.

Wesentliche Ursache für das Desaster waren neue Abschreibungen auf das amerikanische Stahlgeschäft, das durch dramatische Fehlplanungen beim Bau von zwei neuen Stahlwerken in Brasilien und in den USA ruiniert worden ist. ThyssenKrupp muss den Wert der beiden Werke, die zuletzt noch mit sieben Milliarden Euro in den Büchern standen, um weitere 3,6 Milliarden Euro berichtigen. Schon im vergangenen Geschäftsjahr hat der Konzern 2,1 Milliarden Euro auf sein amerikanisches Stahlgeschäft abgeschrieben.

Für die Berechnung seines operativen Gewinns hat ThyssenKrupp sein amerikanisches Stahlgeschäft berücksichtigt, allerdings nicht mehr die Edelstahlsparte Inoxum, deren Verkauf an den finnischen Wettbewerber Outokumpu vor wenigen Wochen genehmigt wurde. Unter diesen Vorzeichen hat der Konzern im operativen Geschäft mit einem Plus von 399 Millionen Euro seine Jahresprognose ("Ebit im mittleren dreistelligen Millionenbereich") erfüllt.

Der Mega-Verlust führt auch zu einem Novum in der Geschichte von ThyssenKrupp – die Dividende fällt aus. Der Abschluss weise kein ausschüttungsfähiges Ergebnis aus, so der Konzern. Dies gilt als Überraschung. Vor allem der größte Aktionär, die Krupp-Stiftung, hatte bisher auch in schlechten Zeiten stets auf einer Ausschüttung gedrängt.

Ohne die wegen des fortgeschrittenen Stadium des Verkaufsprozesses als "nicht fortgeführte Aktivitäten" ausgewiesenen Übersee-Stahlwerke ging der Umsatz um rund sechs Prozent auf 40,1 Milliarden Euro zurück.

Zudem stimmte der Aufsichtsrat gestern Abend der Entlassung der Vorstände Olaf Berlien (Technologie), Jürgen Claassen (Compliance) und Edwin Eichler (Stahl) zu, die ThyssenKrupp wegen des Übersee-Desasters und diverser Korruptions- und Kartellaffären schon in der vergangenen Woche eingeleitet hatte. Konzernchef Hiesinger sagte am Abend: "Das Projekt Steel Americas und die verschiedenen Compliance-Verstöße haben nicht nur einen immensen finanziellen Schaden verursacht. Wir haben dadurch auch an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren."

(tor)
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