Düsseldorf Thyssen übertrifft alle Erwartungen

Düsseldorf · Konzernumbau und die Sparprogramme greifen schneller als gedacht.

Krise? War da mal was? Der Industriekonzern ThyssenKrupp, der vor zwei Jahren noch den dritten Milliardenverlust in Folge verarbeiten musste, überrascht erneut mit guten Zahlen. Operativ verdiente der Konzern im dritten Quartal um Sondereffekte und Steuerzahlungen bereinigt (Ebit) 539 Millionen Euro - 37 Prozent mehr als in der Zeit von April bis Juni 2014. Das sind rund 50 Millionen Euro mehr, als die von Dow Jones befragten und ohnehin schon optimistisch gestimmten Analysten im Vorfeld erwartet hatten.

Für das gesamte Geschäftsjahr, das im September endet, verspricht ThyssenKrupp weiterhin einen operativen Gewinn zwischen 1,6 und 1,7 Milliarden Euro. Mit Ausnahme des Stahlgeschäftes in Amerika sei in sämtlichen Sparten mit positiven Ergebnissen zu rechen.

Ach ja, das Stahlgeschäft in Amerika. Das besteht im wesentlichen aus einem brasilianischen Stahlwerk, das ThyssenKrupp vor fünf Jahren nach vierjähriger Bauzeit endlich fertiggestellt bekam, und das unter anderem wegen katastrophaler Baumängel zum Milliardengrab und zum größten Desaster der Konzerngeschichte wurde. Mit einem Minus von 45 Millionen Euro (bereinigtes Ebit) fügte diese amerikanische Stahlsparte dem Konzern auch in den jüngsten neun Monaten immer noch Schaden zu. Aber die klaffende Wunde, die den Konzern vor ein paar Jahren noch in seiner Existenz bedroht hat, wird langsam zur Narbe. Hässlich zwar, aber nicht mehr lebensgefährlich.

Weitgehend erfreulich hingegen das europäische Stahlgeschäft, dessen Herz das Duisburger Stahlwerk mit weit über 1 0 000 Mitarbeitern ist: Sie verdiente im gleichen Zeitraum 358 Millionen Euro (bereinigtes Ebit), gut 70 Millionen Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Ein Überraschungserfolg angesichts des aktuell harten Preisdrucks auf dem Weltstahlmarkt, der unter massiven Überkapazitäten leidet.

Konzernchef Heinrich Hiesinger spricht von einem "Beleg für die Fortschritte bei der Umsetzung der Maßnahmen zur Effizienz-Verbesserung", besser bekannt als "Sparprogramm", mit dem Hiesinger den Mitarbeitern Stellenstreichungen, Mehrarbeit und einen radikalen Konzernumbau zumutet. Der zweite wesentliche Beitrag für die erfreulichen Zahlen ist aktuell das Aufzugsgeschäft, das unter anderem Dank des Baubooms in China in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres 557 Millionen Euro verdient hat (bereinigtes Ebit).

Die Aktie legte gestern zunächst deutlich zu, geriet dann aber in den Sog des pessimistischen Gesamtmarktes.

(RP)
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