Bonn Telekom-Manager verklagt eigenen Konzern

Bonn · An sich sollte nächste Woche für Telekom-Chef René Obermann eine Zeit der Freude sein: Den Aktionären will er am Donnerstag den Ausstieg aus dem schwierigen USA-Geschäft erklären. Die Spitzel-Affäre soll mit Ausgleichszahlungen der früheren Führung beendet werden. Und gleichzeitig wollte Obermann erläutern,wie die Telekom neue Geschäfte aufbaut.

Tatsächlich droht dem Konzern ab Dienstag eine neue Auseinandersetzung. Das Arbeitsgericht Bonn verhandelt die Klage des langjährigen Managers Jürgen Schmitz (Name geändert) gegen den eigenen Konzern. Der formale Klagegrund: Schmitz fordert gemäß seiner Qualifikation, weiter beschäftigt zu werden, weil ihm derzeit eine zu wenig anspruchsvolle Tätigkeit angeboten werde. Tatsächlich steckt hinter der Klage mehr: Der Revisions-Experte behauptet, er sei vor anderthalb Jahren bei Ermittlungen wegen fragwürdiger Geschäfte in Polen behindert worden, obwohl es den Verdacht der Untreue und der Bestechung gab.

Nachdem Schmitz im Oktober 2009 sogar Vorstandschef Obermann in einem Brief auf die Vorgänge hingewiesen hatte, war die Reaktion zwiespältig gewesen: Die Wirtschaftsprüfungsfirma PWC untersuchte die Vorwürfe und fand Hinweise auf kriminelle Praktiken in Polen. Gleichzeitig wurde ein Gutachten von PWC angefordert, um zu prüfen, ob die Telekom-Führung Ermittlungen behinderte. Das Ergebnis: Der zuständige Vorstand habe sich korrekt verhalten.

Doch in einem Punkt verhielt sich der Konzern fragwürdig : Der Brief von Schmitz inklusive der Zusammenstellung der fragwürdigen Geschäfte in Polen landete beim Management des dortigen Telekom-Ablegers PTC. Als Folge davon geriet Schmitz massiv unter Druck. Ihm soll mit Verleumdungsklagen gedroht worden sein. Polnische Kollegen hätten sich von dem "deutschen Saubermann" distanziert. Am Ende ließ sich Schmitz krankschreiben und verließ das Land. Dass er seitdem keine wirklich interessante Aufgabe angeboten bekam, sieht er als Ergebnis seiner Hartnäckigkeit vor anderthalb Jahren.

Für die Telekom kommt der Streit mit Schmitz zum völlig falschen Zeitpunkt. Seit drei Jahren erschüttert eine Affäre nach der anderen den Konzern – noch immer ermitteln Staatsanwälte gegen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Untreue und Bestechung in Südosteuropa. Obermann persönlich kümmerte sich darum, dass Schmitz eine passende Position im Konzern angeboten wird – bisher anscheinend erfolglos.

Allerdings betont das Umfeld des Telekom-Chefs, man habe in Polen auch ohne die Hinweise von Schmitz aufgeräumt. Dass der polnische Ableger eine Schlangengrube ist – in dieser Einschätzung scheinen sich Schmitz und der Vorstand einig: Die zwei PTC-Geschäftsführer sind beide entlassen worden. Vor einem Jahr waren sie sogar vorübergehend in Haft genommen worden.

(RP)
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