Drohende Überlastung in Städten Neue Staus in Mobilfunknetzen befürchtet

Düsseldorf/Karlsruhe · Schon bisher dauert der Download von Videos in den Städten oft unangenehm lange, künftig drohen neue Engpässe. Dies zeigt eine Studie für den Mobilfunker Telefofnica Deutschland. Hintergrund ist der Machtkampf mit dem Aufsteiger 1&1.

Der Datenvekehr über die Handynetze wächst exponentiell, nun drohen neue Schwierigkeiten.

Der Datenvekehr über die Handynetze wächst exponentiell, nun drohen neue Schwierigkeiten.

Foto: dpa/Oliver Berg

Den deutschen Mobilfunknetzen droht eine noch viel stärkere Überlastung als bisher, sofern die drei etablierten Netzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica Deutschland einen Teil ihrer Frequenzen abgeben müssen. Dies geht aus einem Gutachten des Netzexperten Peter Rost für Telefonica hervor. Der frühere Mitarbeiter von Nokia ist Professor am Karlsruher Institut für Technologie. „Wenn intensiv genutzte Bestandsfrequenzen abgeben werden müssen, drohen Engpässe im Netz“, sagt er.

Über die zwei Frequenzbänder des 1800er und des 2600er MHz-Spektrums werde ein großer Teil des Datenverkehrs in Deutschland transportiert, doch ab Ende des Jahres 2025 sei denkbar, dass die Frequenzen neu versteigert werden, anstatt die Nutzung für die etablierten Mobilfunker einfach zu verlängern. Dann ist denkbar, so die Sorge der drei etablierten Unternehmen, dass der Aufsteiger 1&1 sich Frequenzen kauft, obwohl er schon bisher damit gescheitert ist, ein neues 5G-Netz aufzubauen.

Dirk Grewe, für Regulierung zuständiger Telefonica-Manager, meint: „Eine Versteigerung von  Bestandsfrequenzen kann zu Versorgungsschwächen für Millionen Kunden führen. Es wäre sinnvoller, die auslaufenden Frequenznutzungsrechte gegen eine Gebühr zu verlängern.“

Wissenschaftler Rost weist daraufhin, es sei in den nächsten Jahren mit einem Wachstum des Datenvolumens von mehr als 1000 Prozent zu rechnen. „Wir haben ein jährliches Daten-Wachstum im Mobilfunk von rund 50 Prozent, auch weil immer mehr und immer anspruchsvollere digitale Dienste wie beispielsweise Videostreaming genutzt werden. Es ist damit zu rechnen, dass das exponentielle Wachstum anhält.“

Rost sagt, Engpässe könnten nicht vermieden werden, indem alle Kunden Handys der neuen Mobilfunkgeneration 5G erhalten, über die mehr Daten übertragen werden können. Telefonica weist darauf hin, die Netzagentur habe schon angedeutet, die für die Versorgung des flachen Landes besonders wichtigen 800er-Frequenzen ohne Versteigerung zu verlängern, nun sollte so auch mit den 1800er und 2600er-Bändern umgegangen werden.

Hintergrund der Diskussion ist, dass mit 1&1 ein ganz neuer Netzbetreiber in den  Markt drängt. Das von dem  Milliardär Ralph Dommermuth gegründete Unternehmen aus Montabaur hat 2019 eine Lizenz zum Betrieb eines 5G-Mobilfunknetzes für rund eine Milliarde Euro erworben, verfehlt aber die Auflagen massiv: Eigentlich musste 1&1 bis Ende 2022 insgesamt 1000 5G-Funktstationen in Betrieb nehmen, tatsächlich waren es fünf Stück, vor wenigen Wochen waren es dann 20. Die Bundesnetzagentur hat ein Bußgeldverfahren gegen 1&1 eingeleitet, weil Frequenzen belegt werden, ohne diese ausreichend zu nutzen. Pro fehlendem Standort könnten 50.000 Euro fällig sein, was auf eine Zahlung von knapp 50 Millionen Euro hinauslaufen würde. 1&1 versucht den Rückstand damit zu erklären, Technikpartner hätten zu spät geliefert und zu langsam Standorte erschlossen.

Fakt ist, dass gleichzeitig Telekom, Telefonica und Vodafone viele hundert neue Standorte aufbauten. „Beim Netzaufbau hat sich 1&1 massiv blamiert“, sagt der Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott. Es sei eben doch schwerer, ein neues Netz aufzubauen, als nur Kapazitäten der etablierten Netzbetreiber weiterzuverkaufen. Dies war bisher das 1&1-Geschäftsmodell.

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