Berlin Teilzeit-Gesetz erzürnt die Arbeitgeber

Berlin · Arbeitsministerin Nahles will ein Rückkehrrecht von einem befristeten Teilzeit- auf einen Vollzeitjob einführen. Die Unternehmen sollen künftig nachweisen müssen, warum sie diesen Arbeitnehmerwunsch nicht erfüllen können.

Berlin: Teilzeit-Gesetz erzürnt die Arbeitgeber
Foto: Ferl

Wer Teilzeit arbeitet, soll künftig einen Rechtsanspruch darauf haben, nach einer mit dem Arbeitgeber vereinbarten Zeit wieder auf eine Vollzeit-Stelle zurückzukehren. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) legte jetzt den entsprechenden Gesetzentwurf vor.

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Bisher gibt es nur einen Anspruch auf unbegrenzte Teilzeitarbeit. Nach einer Freistellung für Eltern- oder Pflegezeit kann der Arbeitnehmer zudem sicher zur alten Arbeitszeit zurückkehren. Ein allgemeines Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit hatten Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Helfen kann die Neuregelung vor allem Frauen: Von den 2015 etwa 10,3 Millionen abhängig Erwerbstätigen in Teilzeit waren 80,8 Prozent Frauen.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll der Anspruch auf Rückkehr von Teil- auf Vollzeit für alle Beschäftigten von Arbeitgebern mit mindestens 15 Angestellten gelten. Die Regelung gilt also auch für solche Arbeitgeber, die in mehreren kleineren Betrieben zusammen mindestens 15 Mitarbeiter beschäftigen.

Das Arbeitsverhältnis muss zudem mehr als sechs Monate bestanden haben. Beschäftigte sollen die begrenzte Teilzeit mindestens drei Monate vorher beantragen müssen. Nach der Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit sollen sie eine erneute Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach einem Jahr verlangen können. Der Entwurf sieht auch vor, dass der Arbeitgeber es mit seinen Arbeitnehmern erörtern muss, wenn diese eine Änderung ihrer Arbeitszeit wünschen - und zwar unabhängig von der Betriebsgröße.

Außerdem soll Teilzeitkräften die Ausweitung ihrer Arbeitszeit erleichtert werden. Bereits heute schon sind sie bei der Besetzung freier Arbeitsplätze bevorzugt zu berücksichtigen. Sie müssen bisher aber selbst nachweisen, dass ein Arbeitsplatz mit mehr Stunden zur Verfügung steht und sie dafür geeignet sind. Der Entwurf sieht nun eine Beweislast-Verlagerung auf den Arbeitgeber vor. Dieser müsse dann das Fehlen eines Arbeitsplatzes oder eine geringere Eignung darlegen.

Die Arbeitgeber lehnten den Teilzeit-Entwurf als "Überdosis Bürokratie" strikt ab. "Die Regulierung erreicht das Gegenteil von flexibler Arbeitsgestaltung", sagte der Hauptgeschäftsführer ihres Verbands BDA, Steffen Kampeter. "Der befristete Teilzeitanspruch stellt Betriebe und alle anderen Arbeitnehmer vor große Belastungen: Wer befristet ausfällt, dessen Arbeit muss trotzdem gemacht werden", sagte der BDA-Geschäftsführer.

"Arbeitgeber sollen künftig beweisen müssen, warum ein Teilzeitbeschäftigter nicht mehr Stunden arbeiten darf, wenn er dies wünscht. Abgesehen davon, dass dies enormen Aufwand bedeuten würde und praktisch kaum umsetzbar wäre, ist das ein unzulässiger Eingriff in die betrieblichen Organisationsrechte jedes Arbeitgebers", sagte der Tarifrechtsexperte der BDA, Roland Wolf.

Kritik kam auch aus der Union. "Gerade kleinere mittelständische Betriebe werden große Probleme haben, einen solchen Anspruch organisatorisch umzusetzen", sagte Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsvereinigung MIT in der Union. "Das Rückkehrrecht auf Vollzeit darf nur für solche Beschäftigten eingeführt werden, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen müssen. So steht es im Koalitionsvertrag, und daran muss sich Frau Nahles halten", forderte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs.

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) sprang ihrer Kollegin Nahles dagegen zur Seite: "Viele Frauen möchten zwar ihre Stundenzahl erhöhen, stecken aber fest. Deshalb brauchen wir das Recht, nach der Teilzeit wieder auf die vorherige Arbeitszeit zurückkehren zu können." Auch die Gewerkschaften unterstützen die Pläne.

(mar)
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