Berlin Tegel soll Flughafen BER entlasten

Berlin · Am Sonntag entscheiden die Berliner über die Offenhaltung des Flughafens Tegel. Minister Dobrindt ist dafür, weil der geplante Großflughafen BER an Grenzen stoßen könnte.

Der Berliner Großflughafen BER könnte bereits zum Start an seine Kapazitätsgrenzen stoßen. Wie aus einer Planungsvorlage der Airport-Geschäftsführung für den Aufsichtsrat hervorgeht, rechnen die Verantwortlichen mit einem Passagieraufkommen am neuen Hauptstadtflughafen von 37 Millionen Passagieren im Jahr 2020, die ursprüngliche Planung ging von "nur" 30 Millionen Passagieren aus. 2025 soll die Differenz zwischen ursprünglicher Planung und tatsächlich erwartetem Passagieraufkommen auf acht Millionen steigen. Schon heute seien die beiden Berliner Airports Schönefeld und Tegel "überlastet", heißt es in der Unterlage für das Kontrollgremium. 2016 flogen 32 Millionen Passagiere von und nach Berlin, sieben Millionen Passagiere mehr als prognostiziert. "Durch das schnelle Wachstum wird es immer schwieriger die notwendige Kapazität zur Verfügung zu stellen." Die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft will mit einem Masterplan dem möglichen Engpass begegnen und die Kapazität in vier Erweiterungsphasen bis 2035 auf 55 Millionen Passagiere pro Jahr erhöhen. Die Finanzierung ist aber noch offen, Experten zweifeln an dem Konzept.

Die ursprünglichen Planungen für den Hauptstadtflughafen stammen aus dem Jahr 2006. Damals erfolgte der umjubelte Spatenstich für den "modernsten Flughafen Europas" (Eigenwerbung). Der frühere Düsseldorfer Flughafen-Geschäftsführer Rainer Schwarz stand zu der Zeit an der Spitze der Berliner Airports, der Regierende Bürgermeister hieß Klaus Wowereit. Es folgten Pannen, Bauverzögerungen und Affären. Nun ist von einer Eröffnung frühestens im Jahr 2020 die Rede.

Die Prognosen für das Passagieraufkommen haben sich durch den Boom der Billigflieger aber zwischenzeitlich erheblich verändert. Sollte BER 2020, wie heute konzipiert, eröffnen, wäre der Airport an Tag eins hoffnungslos überlastet.

In der Politik mehren sich nun die Stimmen, die für eine Offenhaltung des Flughafens Tegel (TXL) als Alternative plädieren. Eigentlich muss Tegel zeitgleich mit der Eröffnung des BER geschlossen werden. "Schon heute ist doch klar, dass der BER ein Kapazitätsproblem bekommt", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nun der "Süddeutschen Zeitung".

Am kommenden Sonntag entscheiden die Berliner parallel zur Bundestagswahl in einem Volksentscheid darüber, ob der Flughafen Tegel wie geplant geschlossen werden soll, oder ob der beliebte Flugplatz im Norden der Stadt zusätzlich geöffnet bleiben darf. Der Volksentscheid ist allerdings rechtlich nicht bindend, weil nicht über einen Gesetzentwurf abgestimmt wird. Die Hauptstadt-FDP und die Berliner CDU sind für die Offenhaltung, die regierende rot-rot-grüne Koalition ist für die Schließung Tegels.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte unlängst deutlich gemacht, dass sie keine Alternative zur Schließung Tegels sieht. Dafür gibt es durchaus gute Gründe. So war der Hauptstadtflughafen BER nur unter der Maßgabe genehmigt worden, dass er der einzige Flughafen in der Stadt sein würde. Auch das Ende von Tegel ist rechtlich abgesichert, die Planungen mit Investoren für die Weiternutzung des Geländes sind weit fortgeschritten. Zudem müssten laut Experten mindestens zwei bis drei Milliarden Euro in den Flughafen investiert werden, der in seiner jetzigen Form 1974 eröffnet wurde, um eine Fortführung der Lizenz zu bekommen und moderne Standards zu erfüllen. Laut Bundesverkehrsministerium wäre es allerdings möglich, die Entscheidungen von damals zu korrigieren. "Ich halte eine Hauptstadt mit zwei Flughäfen für gut vorstellbar", sagte Dobrindt. Darüber nachzudenken, dürfe auch in Berlin nicht verboten sein.

(brö)
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