"Kritischer Agrarbericht" sieht Umweltbelastung Studie kritisiert steigende deutsche Fleischexporte

Berlin · Die wachsenden deutschen Fleischexporte richten aus Sicht von Kritikern zunehmend Schaden an. Nach dem neuen "Kritischen Agrarbericht" führen sie zu immer stärkeren Belastungen für Tiere und Umwelt.

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Foto: dpa, Carsten Rehder

Niedriglöhne in deutschen Schlachthöfen und die Verdrängung von Kleinbauern in Entwicklungsländern seien weitere Folgen der stärkeren Exportorientierung, heißt es in dem Bericht, der Nachrichtenagentur dpa vorliegt.

Deutschland habe sich zum "Exportland von Billigfleisch" entwickelt, schreibt Mitautor Bernhard Hörning. Auch die "Frankfurter Rundschau" thematisierte den Bericht, den ein Bündnis aus Umweltorganisationen, Öko- und Kleinbauernverbänden am 16. Januar auf der Grünen Woche in Berlin vorstellen will. Am Rande der Messe werden wieder tausende Demonstranten gegen die "Agrarindustrie" erwartet.

Die deutschen Agrarexporte stehen seit Jahren in der Kritik. Bei Schweinefleisch etwa hat sich Deutschland in wenigen Jahren vom Importeur zum Exporteur gewandelt. Denn in Deutschland lässt sich kein Wachstum mehr erzielen; nach Zahlen der Fleischwarenindustrie stagniert der Konsum. Die Landwirte sehen ihre Ausfuhren auch als Beitrag, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren.

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Hintergrund ist, dass in Entwicklungs- und Schwellenländern mit steigenden Einkommen mehr Menschen Fleisch und Milch verlangen. In den vergangenen zehn Jahren wuchs der Fleischkonsum nach dem Bericht weltweit um 13 Prozent, sechs Prozent werden bis 2022 vorausgesagt.

Import-Soja und -Mais als Futter für Tiere in Europa verdränge Kleinbauern in den Ausfuhrländern, hieß es. Bei europäischen Kunden ungeliebte Hühnerbeine und Schweinepfoten landeten massenweise als Restfleisch in Afrika, wo sie lokale Märkte zerstören. Den Fleischkonsum in Deutschland greift auch der jährliche "Fleischatlas" an, den die Umweltschutzorganisation BUND und die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung an diesem Donnerstag vorstellen.

Allein im ersten Halbjahr 2013 hatte Deutschland nach Zahlen des Statistischen Bundesamts Ernährungsgüter im Wert von 31,6 Milliarden Euro ins Ausland verkauft, 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, hatte Kritik daran erst vor wenigen Tagen zurückgewiesen. Drei Viertel der deutschen Agrarexporte gingen in EU-Länder, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Der Großteil der Ausfuhren außerhalb der EU geht in zahlungskräftige Schwellenländer."

Der Bericht kritisiert auch Niedriglöhne für Werkvertragsarbeiter in deutschen Schlachthöfen - ein Thema, das inzwischen auch die Bundesregierung beschäftigt. Und die Autoren bemängeln, dass zu wenig erfasst werde, wieviel Medikamente hiesige Masttiere erhalten - während sich Rückstände in Seen, im Grundwasser und teils im Trinkwasser nachweisen ließen.

Eine Kuh liefere heute jährlich doppelt so viel Milch wie vor 50 Jahren, eine Legehenne lege mehr als doppelt so viele Eier. Dass größere Bestände Tiere krank machen, lässt sich demnach zumindest teilweise belegen. "Tiere können auch bei einem hohen Leistungsniveau gesund erhalten bleiben", gesteht der Eberswalder Professor Hörning zu. Das gehe oft aber nur mit Futterzusätzen und Hormonen. Intensive Tierhaltung gehe "jedenfalls im Schnitt betrachtet auf Kosten von Tierwohl und Tiergesundheit".

(dpa)
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