Neue Studie Deutsche Reedereien so zuversichtlich wie nie

Frankfurt · Die Pandemie hat die Schifffahrt-Branche hart getroffen, doch die Stimmung unter den Vertretern wandelt sich. Viele sehen nun einen Boom, legt eine Studie nahe.

 In den deutschen Reedereien gibt es einen Stimmungsumschwung.

In den deutschen Reedereien gibt es einen Stimmungsumschwung.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Wegen der explodierenden Frachtkosten blicken die deutschen Reedereien einer Studie zufolge überraschend optimistisch in die Zukunft. 90 Prozent der befragten Branchenvertreter sehen einen Boom in der Schifffahrt, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC ergab. "Einschätzungen, die wir von Reedereien bekommen haben, sind so positiv wie noch nie", sagte Andre Wortmann, Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums von PwC Deutschland. Im vergangenen Jahr hatte die Corona-Pandemie die Branche arg getroffen, doch mittlerweile habe sich das Blatt vollkommen gewendet. Noch nie habe es so einen starken Stimmungsumschwung innerhalb eines Jahres gegeben, hieß es in der Studie.

So erwarteten 2020 noch 83 Prozent der von Juni bis August mehr als 100 befragten Branchenvertreter, dass es zu zahlreichen Insolvenzen in der maritimen Industrie kommen werde. Bei der aktuellen Umfrage waren es nur 24 Prozent. Mittlerweise sind 91 Prozent der Schiffe ausgelastet, nach einem Einbruch auf 65 Prozent im Vorjahr. Die Auslastungsrate ist damit höher als im Rekordjahr 2018, als 90 Prozent voll beschäftigt waren.

Wegen der anspringenden Nachfrage bei gleichzeitigem Mangel an Transportkapazität haben sich die Containerpreise laut dem Marktforschungsunternehmen Drewry im Vergleich zum Vorjahr etwa vervierfacht. Lieferengpässe und Staus vor den Häfen hielten an, sagte PwC-Experte Wortmann. Zurzeit warteten rund 400 bis 500 Containerschiffe darauf, an Häfen abgeladen zu werden, darunter etwa 70 allein in Los Angeles. Diese Frachtkapazitäten fehlten im Markt. "Das ganze System der Logistikketten aus Schifffahrt, Bahn und Terminals ist auf Kanten geschliffen. Es dauert, bis der Fluss wieder funktioniert. Solange hunderte Container rumstehen, führt es zu der enormen Preisentwicklung."

Das Thema Corona nimmt der Umfrage zufolge mittlerweile eine kleinere Rolle ein. 71 Prozent der Befragten sehen ihre Geschäftsprozesse weniger durch das Coronavirus beeinträchtigt als noch vor einem Jahr. Gleichzeitig sagten 52 Prozent, es habe Coronainfektionen auf einzelnen Schiffen gegeben, im Vergleich zu zehn Prozent im Befragungszeitraum 2020.

Trotz der positiven Aussichten sagten 80 Prozent der Befragten, dass strukturelle Probleme eine größere Bedrohung seien als das Coronavirus. Auch beim Thema Umwelt ist die Skepsis groß: Zwar sagten 80 Prozent, sie hätten Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung geplant oder ergriffen, wie etwa schwefelarmer Schiffsdiesel. Gleichzeitig sagten 67 Prozent, das EU-Ziel der Schadstoffreduzierung um 55 Prozent bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 sei wahrscheinlich oder definitiv nicht erreichbar.

(jma/Reuters)
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