Attraktivität der Stadtzentren ist mittelmäßig Studie: Gute Note für Hildens Innenstadt

Düsseldorf · Das Marktforschungsinstitut IFH hat Passanten nach der Attraktivität der Innenstädte befragt. Die Metropolen schneiden besser ab als die Mittelzentren, aber insgesamt lässt das Ambiente zu wünschen übrig.

 Die Mittelstraße im Hildener Stadtzentrum.

Die Mittelstraße im Hildener Stadtzentrum.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Wenn man mit dem Auto von Hilden über die A 46 nach Düsseldorf fährt, braucht man für die rund 22 Kilometer bei freier Strecke etwa eine halbe Stunde.Vermutlich fährt so mancher aus der 56.000-Einwohner-Kommune gern mal zum Shoppen in die ungleich größere Landeshauptstadt, aber das ist offensichtlich kein Indiz für mangelnde Attraktivität Hildens. Jedenfalls kommt die Stadt in der neuesten Passanten-Befragung des Kölner Marktforschungsinstituts IFH gut weg. Danach ist Hilden in der Größenklasse zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern die Nummer zwei hinter Stralsund.

Den Spitzenplatz hat die Stadt der nordrhein-westfälischen Mittelstadt damit zwar abgejagt, aber der kann sich über ein leicht verbessertes Gesamturteil der Passanten freuen (Note 2,0 statt 2,1). Und damit ist Hilden deutlich besser als der Durchschnitt der Städte vergleichbarer Größenordnung (2,5). Womit die Kommune im Osten Düsseldorfs in der Einschätzung seiner Gäste punktet: breiter Branchenmix im Einzelhandel, großes Angebot an Gastrononomie, ausreichend Parkflächen.

Auf der anderen Seite hat beispielsweise Wermelskirchen im Bergischen Land an Attraktivität verloren (Note von 2,9 auf 3,1 gesunken). Mit der Neubebauung des innerstädtischen Loches-Platzes, wo Discounter und Lebensmittelvollsortimenter Platz finden sollen, versucht die Kommune gegenzusteuern. Auch Bocholt im Westmünsterland sieht bei einer Note von 2,7 Handlungsbedarf: „Eine Drei plus ist keine zufriedenstellende Note. Um dem Wandel zu begegnen und für die Innenstadtbesucher weiterhin attraktiv zu sein und zu bleiben, sollten die Städte ein Ergebnis im Zweierbereich anstreben“, teilte die Stadt am Mittwoch auf Anfrage mit. In Solingen wurde aus den Befragungen in den vier Stadtteilzentren Solingen-Mitte, Ohligs, Wald und Höhscheid die Durchschnittsnote drei errechnet, wie eine Sprecherin der Stadt erklärte. Aussagekraft besäßen aber nur die Ergebnisse, die jeweils an den Standorten ermittelt worden seien.

Die Einschätzung aus Bocholt teilt IFH-Geschäftsführer Boris Hedde. Seit der ersten Befragung des Instituts 2014 habe sich in der Beurteilung der Zentren nicht viel geändert. „Die Innenstädte kommen nicht voran. Eine Drei plus reicht auf Dauer nicht, um in Zeiten des Strukturwandels konkurrenzfähig zu sein“, sagt Hedde. Das Urteil von Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre, Management und Handel an der Hochschule Niederrhein: „Insgesamt treten die Städte auf der Stelle und stehen sich mit dem eigenen Regulationsdschungel selbst im Weg: Ein Beispiel ist Mönchengladbach mit dem Bestandsschutz für abgelaufene Reklameschilder.“

Vor allem der Online-Handel macht den stationären Händlern in den Innenstädten Probleme. Jeder fünfte hat in der Umfrage gesagt, er komme seltener in die Stadt und kaufe stattdessen häufiger im Internet sein. Bei Menschen unter 25 Jahren gilt das sogar für fast jeden dritten. Die nicht neue Konsequenz daraus: Händler, die noch keinen starken Online-Auftritt haben (sei es über ein eigenes Angebot oder über ein Bündnis mit anderen oder per Verkauf über Internet-Marktplätze), haben dauerhaft kaum eine Chance zu überleben.

Was noch wichtig erscheint: ein attraktives Ambiente (hier haben Standorte mit einer historischen Altstadt Vorteile) und eine breite Angebotspalette, möglichst starke Events, gute Gastronomie. Für Essen und Trinken gäben die Menschen immer gern Geld aus, sagen Experten. Vielleicht bleibt dann auch mehr beim gebeutelten Textileinzelhandel hängen, der darunter leidet, dass vor allem den Jungen vielfach Streaming-Abos wichtiger sind als ein neues Kleidungsstück.

Abseits der NRW-Ergebnisse fällt auf, dass in vier von fünf Kategorien ostdeutsche Städte auf den Spitzenplätzen liegen (siehe Info). Das mag auch damit zu tun haben, dass in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern das Gefälle zwischen den Metropolen und den kleineren Städten im Umfeld weitaus größer ist als beispielsweise in NRW, wo viele Großstädte als Einkaufszentren zur Verfügung stehen. Deshalb könnte die Beurteilung im Osten besser ausfallen als im Westen, glauben Branchenkenner.

Insgesamt kommen die Metropolen etwas besser weg als die Mittelzentren – eine Erkenntnis, die Markus Ottersbach, Geschäftsführer des Handelsverbandes NRW Krefeld-Kempen-Viersen, bestätigt: „Die Metropolen gewinnen, die Kleinen verlieren.“ Einen Grund nennt Handelsexperte Heinemann: „Die größeren Städte holen sich zunehmend Profis, was auch greift.“ Leipzig sei ein gutes Beispiel: „Die Stadt hat ein Shopping Management, das ähnlich agiert wie Shopping Center und auf attraktive Ladenmixe achtet.“

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