Von Finanztest empfohlen So sparen Sie mit einem Tarif-Aufpasser beim Strompreis

Düsseldorf · Der Strompreis ist so hoch wie nie zuvor, viele Grundversorger haben 2019 bereits die Preise erhöht. Dennoch wechseln nur wenige ihren Stromanbieter. Helfen könnte ein Tarif-Aufpasser.

 Wie gelangt der Kunde an einen günstigen Strompreis?

Wie gelangt der Kunde an einen günstigen Strompreis?

Foto: dpa/Jens Wolf

Haben Sie schon einmal Ihren Stromanbieter gewechselt? Falls ja, haben Sie vielen Deutschen etwas voraus. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden 2017 69 Prozent aller Haushalte nach wie vor von ihrem Grundversorger beliefert. Der Grundversorger ist das Energieversorgungsunternehmen, das im Netzgebiet vor Ort die meisten Haushaltskunden mit Strom und/oder Gas beliefert. Also in vielen Städten beispielsweise die lokalen Stadtwerke. 41 Prozent der Haushaltskunden hatten 2017 aber immerhin einen Sondertarif mit dem Grundversorger abgeschlossen, der günstiger ist als die Grundversorger-Tarife, die vergleichsweise zu den teuersten gehören.

Dabei hat sich auch in den ersten Monaten dieses Jahres gezeigt, dass ein Wechsel vom Grundversorger zu einem anderen Unternehmen attraktiv sein kann. Nach einer Auswertung des Vergleichportals Verivox haben in den ersten fünf Monaten schon mehr als 654 der 826 deutschen Grundversorger die Strompreise um durchschnittlich fünf Prozent erhöht. Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden pro Jahr führe dies im Schnitt zu Mehrkosten in Höhe von 60 Euro im Jahr, errechnete Verivox. Mit einem Durchschnittspreis von 29,60 Cent pro Kilowattstunde erreichten die Strompreise im Mai zudem einen neuen Höchststand. Begründet werden die Preissteigerungen von Anbietern oft mit gestiegenen Einkaufspreisen. Doch auch der Fiskus freut sich über jede Erhöhung. Denn der Anteil von Steuern, Umlagen und Abgaben liegt beim Strompreis in Deutschland bei 54 Prozent. Wie die Statistikbehörde Eurostat kürzlich mitteilte, ist der Steuer-Anteil nur in Dänemark (64 Prozent) und Portugal (55) noch höher. Der Rest des Strompreises entfällt auf Netzgebühren (23 Prozent) und den Anteil der Stromversorger (23 Prozent).

Doch obwohl so viele Grundversorger die Preise erhöht haben, hält sich die Bereitschaft der Kunden, den Lieferanten zu wechseln, in Grenzen. Ein Ergebnis, zu dem auch die Bundesnetzagentur in ihrem Jahresbericht 2018 kommt: „Die immer noch hohe Zahl von Haushaltskunden, die in der Grundversorgung oder im Rahmen eines anderen Vertrags vom Grundversorger beliefert werden, zeigt, dass noch nicht alle Verbraucher ihr Wechselpotenzial nutzen.“ Woher kommt diese Zurückhaltung? „Das Produkt Strom ist genau gleich, egal, von wem ich es beziehe“, sagt Christina Wallraf, Referentin im Bereich Energiemarkt bei der Verbraucherzentrale NRW. Bei einem Wechsel des Handyvertrags gehe in der Regel neben einem neuen Preis auch eine Verbesserung der Leistung einher oder der Kunde bekommt noch ein neues Handy. „Strom ist also schwer zu vermarkten“, sagt Wallraf.

Mit dem Anspruch, genau das zu ändern, haben sich vor wenigen Jahren die sogenannten Tarif-Aufpasser oder -Überwacher gegründet. Ihre Idee: Weil den meisten Deutschen ein Wechsel zu misslich ist, kümmern sich die Tarif-Aufpasser einfach darum. Ihr Versprechen: Sie optimieren den Strom- oder Gas-Tarif des Kunden automatisch, indem sie kontinuierlich nach besseren Tarifangeboten Ausschau halten und rechtzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist aktiv werden. Fragwürdige Anbieter werden direkt herausgefiltert. Die Tarifaufpasser übernehmen zudem die komplette Kommunikation mit dem Stromanbieter. Der Kunde erhält außerdem die Möglichkeit, dass er einem geplanten Anbieter-Wechsel noch zustimmen kann, bevor dieser vollzogen wird. Ansonsten erfolgt er automatisch, wenn der Kunde dem Anbieter eine Vollmacht dazu erteilt hat. „Was die meisten Menschen nicht wissen: Bei einem Stromanbieterwechsel ändert sich nur die Firma, die einem einmal pro Jahr eine Rechnung schickt“, sagt Arik Meyer, Gründer des Tarifaufpasser Switchup. „An der Stromversorgung ändert sich gar nichts.“

Was bleibt, ist, was dieser Service den Kunden kostet. Ein Teil der Anbieter verlangt für seine Hilfe eine Provision, die oft zwischen 20 und 30 Prozent der Ersparnis liegt. Der Berliner Anbieter Switchup.de fährt ein anderes Modell: Hier zahlt nicht der Kunde, sondern der neue Strom-Anbieter, der an Switchup eine Wechselprovision zahlen muss.

In einem Langzeittest über mehr als zwölf Monate hat Stiftung Warentest (“Finanztest“-Ausgabe 04/2019) neun Tarif-Aufpasser getestet. Vom ersten Tarifvorschlag für das erste Vertragsjahr, über den ersten Anbieterwechsel bis zum Tarifvorschlag für das zweite Vertragsjahr. Das Fazit der Tester: „Alle optimieren nicht nur regelmäßig den Stromtarif und helfen so beim Sparen. Sie übernehmen auch die gesamte Kommunikation mit dem Versorger.” Sieben Wechseldienste könnten Kunden problemlos nutzen, zwei seien nicht empfehlenswert. Vier der neun Tarif-Aufpasser wurden sogar als „sehr empfehlenswert” eingestuft: switchup.de, esave.de, Wechselpilot und Wechselstrom. Abzüglich der Kosten für den Wechseldienst haben die Tester mithilfe der Tarifaufpasser zwischen 73 und mehr als 400 Euro in einem Jahr gespart.

Auch die Verbraucherzentrale NRW bewertet die Wechseldienste positiv. „Sie sind sinnvoll für Verbraucher, die sich nicht jedes Jahr um den Tarifvergleich kümmern wollen“, sagt Wallraf. Verbraucher sollten aber auf mögliche Mitwirkungspflichten achten, bevor sie einen Tarifaufpasser beauftragen: „Es kann beispielsweise sein, dass Verbraucher eine Preiserhöhung an ihren Wechseldienstleister weiterleiten müssen“, sagt die Verbraucherschützerin. Für eine mögliche Ersparnis im dreistelligen Bereich ist das aber durchaus zu verkraften.

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