Schweizer Großbank in der Kritik Streit mit Schweiz könnte Milliarden kosten

Genf · Der Widerstand gegen das geplante Abkommen wächst. Die Schweizer Zeitungen sprechen von "Steuerkrieg" und "Verbrechen". Dem deutschen Fiskus könnten Milliarden entgehen. Für Wirbel sorgte die Meldung, die Crédit Suisse verbiete ihren Mitarbeiter Deutschland-Reisen.

Fragen und Antworten zu den Schweizer Steuer-CDs
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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Der Streit zwischen Deutschland und der Schweiz spitzt sich zu. Am Dienstag meldeten Schweizer Zeitungen, dass die Großbank Crédit Suisse ihre Kundenberatern verbiete, nach Deutschland zu reisen.

Die "Börsen-Zeitung" zitierte einen Brancheninsider, der betonte, das Risiko, bei Kundenbesuchen in die Fänge der deutschen Justiz zu geraten, sei für Schweizer Banker deutlich gestiegen. Später wies die Crédit Suisse den Bericht zurück. Aus Bankerkreisen hieß es, eine Mail sei versehentlich verschickt worden.

"Steuerkrieg zwischen Rivalen"

Doch der Vorgang zeigt, wie schwierig das Verhältnis des Kleinstaates zu seinem übermächtigen Nachbarn ist. Die auflagenstärkste Zeitung der Schweiz, der "Blick", vermeldete, zwischen den Rivalen herrsche "Steuerkrieg".

Der Chef der rechtsnationalen Schweizerischen Volkspartei, Toni Brunner, forderte, die drei Steuerfahnder aus NRW zur Verantwortung zu ziehen: "Das sind Verbrecher, die bestraft werden müssen." Die Schweizer Bundesanwaltschaft lässt die Fahnder, wie am Wochenende bekannt wurde, wegen Wirtschaftsspionage mit Haftbefehl suchen. Die Beamten sollen am Ankauf einer CD mit gestohlenen Daten deutscher Kunden der Crédit Suisse beteiligt gewesen sein.

Haben Fahnder sich strafbar gemacht?

Strittig ist, ob sich die Fahnder strafbar gemacht haben. "Wir gehen davon aus, dass die Beamten alles richtig gemacht haben", sagte der Düsseldorfer Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann. Auch wies er den Vorwurf zurück, die Staatsanwaltschaft habe die Identität der Fahnder durch eine Panne veraten. FDP-Generalsektretär Patrick Döring verteidigte dagegen die Schweiz: Es gehe bei der CD um illegal beschaffte Daten, daher sei es nicht verwunderlich, dass die Schweiz Straftaten nicht belohnt sehen wolle.

Der Streit hat sich derart ausgewachsen, dass nun auch der Abschluss des umstrittenen Steuerabkommens zwischen beiden Staaten bedroht ist. Heute soll die Schweizer Regierung, der Bundesrat, das Steuerabkommen debattieren. Sie könnte die Bundespräsidentin und Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (Bürgerlich-Demokratische Partei) zur Unterschrift unter die Übereinkunft ermächtigen. Als nächstes müsste das Parlament zustimmen.

Abgeltungssteuer einzubehalten

Von dem Deal versprechen sich deutsche Finanzbehörden einen besseren Zugriff auf die Schweizer Konten der Deutschen. Deutsche sollen geschätzt zwischen 130 Milliarden und 180 Milliarde Euro nach Zürich, Basel, Lugano und Genf am deutschen Fiskus vorbeigeschleust haben.

Das Abkommen würde die Schweizer Banken verpflichten, bei deutschen Kontoinhabern Abgeltungssteuer einzubehalten und an den deutschen Staat abzuführen. Experten gehen von Milliarden aus, die der deutsche Fiskus holen kann. Während Deutschland auf eine hohe Steuer drängt, will die Schweiz die Abgabe niedrig halten.

Parlamentarier auf Distanz zu Berlin

Warum lässt sich die Regierung in Bern überhaupt auf ein Abkommen ein? Man hofft, dass ein Vertrag den internationalen Druck auf den Bankenplatz Schweiz deutlich vermindert. Helvetiens Finanzbranche genießt nämlich als "Tresor" für Schwarzgeld von Steuerhinterziehern und Raubgeld von Diktatoren wie Gaddafi nicht den besten Ruf.

Trotzdem gehen nach der Eskalation des Steuerstreits immer mehr Schweizer Parlamentarier auf Distanz zu dem Abkommen mit Berlin. Der Tenor: Deutschland braucht das Abkommen dringender als die Schweiz.

So warnt etwa Martin Landolt von der Bürgerlich-Demokratischen Partei vor zu großen Zugeständnissen an die Deutschen: "Wir müssen nicht zu Kreuze kriechen." Und selbst wenn die Politiker das Abkommen absegnen — das letzte Wort dürften die Schweizer Bürger per Referendum haben.

Im politischen Getöse können sich besonnene Experten kaum Gehör verschaffen. Ein Genfer Banker, der anonym bleiben wollte, sagte unserer Zeitung: "Die Schweizer Regierung sollte zügig das Abkommen schließen und dem Volk die Vorzüge erläutern. Auf Dauer kann die Schweiz der EU-Vormacht Deutschland nicht trotzen."

(RP/nbe/csi)
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