Flugausfälle und Verspätungen Verdi bestreikt am Freitag Airports – auch Flughafen in NRW dabei

Frankfurt/Main · Es war eine Frage der Zeit. Im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes greift die Gewerkschaft Verdi zu einer ihrer schärfsten Waffen. Und will am Freitag ganztägig sieben Airports lahmlegen. Denn auch an den Flughäfen arbeiten öffentlich Bedienstete.

 Am Fluhafen Dortmund wird am Freitag, 17. Februar, gestreikt (Archivfoto).

Am Fluhafen Dortmund wird am Freitag, 17. Februar, gestreikt (Archivfoto).

Foto: dpa/Bernd Thissen

Das Chaos im deutschen Luftverkehr geht weiter. Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV sind an diesem Freitag knapp 300 000 Passagiere von Flugausfällen betroffen, weil die Gewerkschaft Verdi ganztägig sieben deutsche Flughäfen bestreikt. Die Flughäfen Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg kündigten an, den regulären Passagierbetrieb für den gesamten Freitag einzustellen.

Nach ADV-Berechnungen wird der Warnstreik zu gut 2340 Flugausfällen führen. „Über 295 000 Passagiere werden zum Spielball der Verdi-Streiktaktik“, kritisierte der Verband und sprach von einer „beispiellosen Eskalation“. Die Ausstände hätten mit Warnstreiks nichts mehr zu tun, meinte auch der Präsident des Branchenverbands BDL und Münchener Flughafenchef, Jost Lammers. „Hiermit überspannt Verdi den Bogen völlig und trägt den Tarifkonflikt auf dem Rücken der Passagiere aus.“

Am Donnerstag hatte sich der Betrieb der Lufthansa gerade erst wieder normalisiert, nachdem am Mittwoch die IT-Systeme der größten deutschen Airline zusammengebrochen waren. Ursache für mehr als 230 Flugausfälle in Frankfurt war ein am Vortag von einem Bagger verursachter Kabelschaden an einer Bahnstrecke in Frankfurt. Ebenfalls am Donnerstag versuchten Hacker, die Webseiten sieben kleinerer Flughäfen mit einer Vielzahl gezielter Anfragen zu stören.

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Von der Verdi-Arbeitsniederlegung sind auch Dortmund, Hannover und Bremen betroffen. Der Warnstreik soll am frühen Freitagmorgen beginnen und in der Nacht auf Samstag enden. Nach der ADV-Statistik für das Jahr 2022 stehen die sieben Flughäfen für knapp zwei Drittel (64,5 Prozent) des Passagieraufkommens in Deutschland. Überraschend rief Verdi am Donnerstag noch zu einem Warnstreik am Leipziger Flughafen auf, der am selben Tag um 15.00 Uhr beginnen und bis Freitag, 6.00 Uhr, dauern sollte.

Mit dem Ausstand wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Neben dem öffentlichen Dienst gibt es zudem örtliche Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste sowie eine bundesweite Tarifrunde für die Luftsicherheit.

Verdi und der Beamtenbund DBB fordern im Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. Die Laufzeit soll zwölf Monate betragen. Die Arbeitgeber haben die Forderungen zurückgewiesen. Die zweite Verhandlungsrunde ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Ein Angebot der Arbeitgeber liegt bislang nicht vor.

Der reguläre Passagierbetrieb werde in Frankfurt am Freitag nicht möglich sein, teilte die Betreiberin Fraport mit. Ausgenommen seien Notflüge für militärische oder medizinische Zwecke und Notfälle. Allein in Frankfurt wurden für Freitag 1005 Flugbewegungen mit 137 000 Passagieren gestrichen. Fraport rief die Fluggäste auf, nicht zum Flughafen zu kommen und sich bei ihrer Fluggesellschaft zu informieren. Auch Umsteiger sind betroffen.

Hilfslieferungen in die Türkei und nach Syrien sollen vom Streik ausgenommen sein

Die Lufthansa muss alleine an ihren wichtigsten Standorten Frankfurt und München rund 1200 Flüge streichen, wie ein Sprecher angekündigt hat. Tausende Passagiere müssen auf andere Flüge oder die Bahn umgebucht werden, die mit einer hohen Auslastung rechnet.

Verdi-Vizechefin Christine Behle hatte erklärt, dass über Notdienste Hilfsflüge ins türkisch-syrische Erdbebengebiet vom Streik ausgenommen werden. Zudem könnten Hilfsgüter über den nicht bestreikten Flughafen Frankfurt-Hahn ausgeflogen werden. Es fällt aber auch an den sieben bestreikten Flughäfen eine unbekannte Zahl von Passagierflügen aus, die zumindest theoretisch Hilfsgüter als Beiladung hätten transportieren können. Für Freitag geplante Frachtmaschinen der Turkish Airlines und der Lufthansa Cargo sollen nach Auskunft der Airlines starten dürfen.

Der Warnstreik findet zum Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz statt, die als eines der wichtigsten Treffen zur Sicherheitspolitik weltweit gilt. Von der Aussetzung des normalen Passagierbetriebs in München sind Flüge für die Sicherheitskonferenz ausgenommen, betonte der Flughafen. Die Konferenz arbeite daran, die Anreise der Teilnehmer gewährleisten zu können. Behle hatte die Anreise mit der Bahn oder über den Flughafen Nürnberg empfohlen.

Die Verdi-Vizevorsitzende verteidigte den ganztägigen Warnstreik, der von Kundgebungen und Demonstrationen begleitet werden soll. „Die Beschäftigten, die gerade an den Flughäfen häufig prekär beschäftigt sind, brauchen jetzt Zeichen von den Arbeitgebern, dass sie sich bewegen, und sie brauchen vor allem schnell deutlich mehr Geld - denn jetzt sind ihre Kühlschränke zu füllen, hohe Mieten zu zahlen und extrem gestiegene Energiekosten zu begleichen.“

Eine Urabstimmung habe man nicht durchgeführt, weil die Verhandlungen noch nicht gescheitert seien. Das gemeinsame Vorgehen der drei Berufsgruppen entlaste sogar die Flughäfen und die Passagiere, meinte Behle. „Mit ihnen allen gemeinsam an einem Tag zu streiken, bedeutet für die Flughäfen, dass sie sich nur auf diesen einen Tag einrichten müssen und nicht an unterschiedlichen Tagen bestreikt werden.“

Die Arbeitgeber der Luftsicherheitsbranche kritisierten den Ausstand. Ihr Verband BDLS wehrt sich gegen die gewerkschaftliche Strategie, dass seine Verhandlungen mit denen des Öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste verquickt werden. „Verdi macht gemeinsame Sache mit mehreren anderen Gewerken, und so verschwimmen für Außenstehende die Ziele und Grenzen des Streiks. Dies wird ganz bewusst so ausgenutzt“ sagte BDLS-Verhandlungsführer Rainer Friebertshäuser.

(boot/mzu/dpa)
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