Kempen Streik: Post sucht verschollene Urne

Kempen · Eine Familie aus Kempen wartet seit knapp zwei Wochen auf das Paket.

Dass Paketsendungen nicht zuverlässig zugestellt werden können, ist für die Deutsche Post in der mittlerweile vierten Woche des Streiks zum Normalfall geworden. "Wenn es sich dabei jedoch um eine Urne mit den sterblichen Überresten eines Menschen handelt, ist das mehr als ärgerlich", sagt Post-Sprecher Rainer Ernzer. Gemeint ist der Fall aus Kempen, wo eine Familie seit knapp zwei Wochen auf die Urne mit der Asche des Vaters wartet. Nach der Feuerbestattung in Marburg wurde die Urne am 18. Juni per DHL-Paketpost nach Nettetal verschickt. Dort ist sie jedoch bislang nicht angekommen.

Erst wenn das Paket wieder vom zuständigen Zusteller eingescannt wird, könne der genaue Standort ermittelt werden. "Bis dahin bleibt die Sendung vorübergehend unauffindbar", sagt Ernzer. "Wir werden jedoch schnellstmöglich versuchen, das Paket zuzustellen." Die Urne habe jedoch weder im Streik, noch grundsätzlich einen Sonderstatus gegenüber anderen Sendungen. "Wir wissen oft nicht einmal, dass es sich bei dem Paket um eine Urne handelt", sagt Ernzer. Eine besondere Kennzeichnung der Sendung durch die Post gebe es nicht. "Das ist Sache des Bestatters. Daher haben alle Pakete bei uns dieselbe Priorität." Laut Bundesverband der Deutschen Bestatter ist das Verschicken von Urnen per Post eine kostengünstige Alternative zur Überführung durch das Bestattungsinstitut. "Unsere Gesellschaft ist heutzutage so mobil, dass die Menschen oft an weit entfernten Orten sterben", sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur. Die Überführungen durch den Bestatter seien jedoch mit Tarifen von 90 Cent bis zu 1,60 Euro pro gefahrenem Kilometer für viele Angehörige zu teuer. "Deshalb haben wir den Rahmenvertrag mit DHL geschlossen", sagt Wirthmann. "Das ist weder pietätlos noch unangemessen." Das Risiko, dass die Urne auf dem Postweg verloren gehen könnte, sei jedoch vorhanden. "Deshalb würde ich persönlich auch keine Urne verschicken, selbst wenn es günstiger ist."

Seit Beginn des unbefristeten Streiks von bundesweit rund 32 500 Beschäftigten der Deutschen Post - 7500 in NRW - kommt es zu erheblichem Rückstau in der Bearbeitung und Zustellung von Paketen und Briefen. Die Gewerkschaft Verdi fordert eine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich sowie 5,5 Prozent mehr Geld. Vor dem Arbeitsgericht in Bonn findet heute die Verhandlung über die einstweilige Verfügung statt, die Verdi gegen die Post erwirken will. Die Gewerkschaft begründet den Antrag damit, dass die Deutsche Post in 22 Fällen rechtswidrig Beamte als Streikbrecher eingesetzt habe.

(RP)
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