Berlin Merkel verspricht Tarifeinheit

Berlin · Die Kanzlerin plant neue Belastungen, aber die Wirtschaft mag sie trotzdem.

Sie beginnt mit den ungelösten Krisen in der Ukraine und in Euro-Land, weil sie weiß: Gerade als Krisenmanagerin wird sie von den Wirtschaftsmanagern bewundert. "Und nun kommen wir zu den Dingen, die wir zu Hause zu tun haben", sagt die Bundeskanzlerin vor rund 1000 Gästen auf dem Arbeitgebertag im Maritim Hotel Berlin. Das Gesetz zur Tarifeinheit nehme jetzt "klare Züge" an, sagt Angela Merkel. Sie stutzt, lacht und sagt: "Züge, das ist im Moment ja auch so ein Ding!" Spätestens jetzt, mit diesem kleinen Kalauer, mit dem sie auf den Streik bei der Deutschen Bahn verweist, hat die Kanzlerin die Wirtschaftsvertreter voll und ganz im Griff.

Nur wenige Minuten vorher hatte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer von der Regierung noch ein "Belastungsmoratorium" gefordert, aber das ist bei Merkels Auftritt schnell vergessen. Die Regierung müsse angesichts des Konjunktureinbruchs alles unterlassen, was die Wirtschaft irgendwie belasten könnte, hatte Kramer gefordert und die Frauenquote, die geplanten Regulierungen von Zeit- und Werkverträgen oder die Pflegeteilzeit aufgezählt.

Die Kanzlerin braucht nur wenige Worte, um all diesen Forderungen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Arbeitgeber sind ja auch dermaßen froh darüber, dass sie endlich ein Gesetz zur Tarifeinheit bekommen werden, dass sie andere Wünsche gerne wieder hintanstellen. Künftig soll es nach den Plänen der Bundesregierung keine konkurrierenden Tarifverträge mehr in einem Betrieb für dieselbe Berufsgruppe geben. Bald soll jeweils die Gewerkschaft den allein geltenden Tarifvertrag für eine Berufsgruppe aushandeln dürfen, der im Betrieb die meisten Beschäftigten angehören. Dafür hatten die Arbeitgeber jahrelang vergeblich gekämpft.

Merkel weiß, dass ihr Tarifeinheits-Gesetz die Wirtschaft milde stimmt - und deshalb kommt sie erst danach auf einige andere Vorhaben, "die Sie weniger mit Freude begleiten". Die Frauenquote werde kommen, weil der Frauenanteil in Führungspositionen trotz aller Selbstverpflichtungen der Wirtschaft nur "bedächtig" gesteigert wurde. Sie sei sicher, die Firmen würden genügend Führungskräfte "weiblicher Art" finden. Ebenso werde es bei Werkverträgen "Präzisierungen" geben, denn Informationsrechte für Betriebsräte müssten gestärkt werden. Dafür komme die Rente mit 60 sicher nicht - und der Rentenbeitrag würde 2015 gesenkt.

(mar)
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