Interview mit dem Chef der Steuerberater "Steuerbetrug wird riskanter"

Düsseldorf · Horst Vinken, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, sprach mit unserer Redaktion über die Steuerreform, Kontrollen der Ämter und den Ankauf von Steuer-CDs.

Horst Vinken ist seit 1972 als Wirtschaftsberater und Steuerprüfer in Duisburg tätig.

Horst Vinken ist seit 1972 als Wirtschaftsberater und Steuerprüfer in Duisburg tätig.

Foto: BSBK

Die Bundesregierung plant für 2013 eine Steuerreform. Ist diese sinnvoll?

Vinken Ja, unser Steuertarif ist nicht in Ordnung. Bürger müssen immer mehr Steuern zahlen, nur weil es Inflation gibt. Es ist gut, wenn der Staat dieser kalten Progression entgegenwirkt. Und eine Entlastung von rund 300 Euro pro Jahr ist eine respektable Größe.

Deutschland hat mehr Schulden als erlaubt. Eigentlich können wir uns Steuergeschenke gar nicht leisten.

Vinken Der Staat macht keine Geschenke. Er gibt den Bürgern nur das zurück, was er ihnen über die kalte Progression genommen hat.

Wer wird am meisten entlastet?

Vinken Die Reform entlastet kleine und mittlere Einkommen. Die maximale Entlastung für einen Single liegt bei rund 360 Euro pro Jahr.

Gekippt wurde der Plan, nur alle zwei Jahre eine Steuererklärung zu fordern.

Vinken Zum Glück. Der Plan sah bürgerfreundlich aus, er war es aber nicht. Der Bürger hätte dann ja alle zwei Jahre eine Steuererklärung für zwei Jahre machen müssen. Von Jahr zu Jahr gibt es aber fünf bis zehn Änderungen am Steuergesetz. Da wäre alles drunter und drüber gegangen.

Wie könnte man die Steuererklärung denn für die Bürger sinnvoll vereinfachen?

Vinken Eine Vereinfachung wäre es, wenn es nicht jedes Jahr neue Formulare gäbe, an die Bürger und auch Steuerberater sich gewöhnen müssten. Zudem sollte es mehr Pauschalen geben, etwa für Reisekosten oder doppelte Haushaltsführung. Doch das kostet Geld — entweder den Staat, wenn die Pauschalen hoch sind. Oder den Bürger, wenn sie niedrig sind.

Prüfen die Finanzämter eigentlich noch jede Steuererklärung?

Vinken Wer eine elektronische Steuererklärung mit dem Programm Elster macht, wird nur stichprobenartig manuell überprüft. Allerdings laufen die elektronischen Erklärungen durch eine Plausibilitätskontrolle. Da fallen Schummeleien auf.

Wo wird besonders geschummelt?

Vinken Früher wurde gerne mal die Entfernung zur Arbeit zu hoch angesetzt, doch das ist vorbei. Zu leicht kann das Finanzamt per Internet-Routenplaner die korrekte Entfernung ermitteln. Beliebt war auch, ein Arbeitszimmer zu erfinden, doch hier hat der Staat die Absetzmöglichkeiten bekanntlich stark beschränkt. Zudem ist Steuerbetrug heute riskanter, der Staat verfolgt Steuersünder schärfer.

Etwa durch den Kauf von Steuer-CDs. Darf der Staat diese CDs eigentlich kaufen?

Vinken Die Bundessteuerberaterkammer hat diese Frage rein juristisch geprüft. Danach ist es rechtsstaatlich bedenklich, wenn der Staat eine CD erwirbt, auf der sich gestohlene Daten befinden. Sauberer wäre es, den Bürgern anzubieten, mit Nachzahlungen ihre Vergangenheit zu bereinigen. Klar ist, dass der Staat gegen Steuersünder vorgehen muss. Das Gesetz muss beachtet werden. Und wer die Infrastruktur im Land nutzt, darf sich auch nicht vor der Steuer drücken.

Was raten Sie Steuersündern?

Vinken Sie sollten so schnell wie möglich mit Hilfe eines Steuerberaters eine Selbstanzeige machen, die Steuerschuld großzügig berechnen und umgehend überweisen. Wer nur einen Teil seines Schwarzgeldes aufdeckt oder nur einen Teil seiner Steuerschuld zahlt, muss weiter mit einer Strafverfolgung rechnen.

Heute feiert die Steuerberaterkammer Düsseldorf ihr 50-jähriges Bestehen. Finden Sie genug qualifizierten Nachwuchs?

Vinken Das wird schwieriger. Wir konkurrieren mit Banken und Versicherungen. 2010 konnten 600 Lehrstellen bei Steuerberatern nicht besetzt werden. Das sind zehn Prozent. Die Kammer Düsseldorf hat nun eine kombinierte Lehre mit Bachelor-Studium auf den Weg gebracht. 60 junge Leute konnten wir gewinnen, die sonst vielleicht gleich an die Uni gegangen wären.

Antje Höning führte das Gespräch.

(RP/pst)
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