Berlin Steinbrück: 2009 von Cum-Ex-Geschäften erfahren

Berlin · Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat nach eigenen Angaben erst im Mai 2009 und damit kurz vor Ende seiner Amtszeit von dubiosen Aktiengeschäften deutscher Unternehmen erfahren, in deren Folge dem Staat ein hoher Milliardenschaden entstanden war. Das sagte Steinbrück im Untersuchungsausschuss des Bundestages, der den SPD-Politiker gestern als Zeugen vernahm.

In einem Vermerk des Ministeriums sei zu diesem Zeitpunkt das Schlagwort der sogenannten Cum-Ex-Praktiken nicht aufgetaucht, betonte Steinbrück. Es sei auf die Gefahr erheblicher Steuerausfälle verwiesen worden, möglicherweise in Milliardenhöhe. Er habe um Stellungnahmen gebeten und Pressearbeit angeordnet, um den Banken und Beratungsunternehmen zu signalisieren, dass man von ihren zweifelhaften Geschäften wisse, sagte Steinbrück. Anschließend habe es auf sein Geheiß Lösungsvorschläge für eine radikale Umstellung bei der Dividendenausschüttung gegeben.

Bei den Cum-Ex-Geschäften wurden Aktien mit Ausschüttungsanspruch um den Dividendenstichtag so zwischen Beteiligten hin- und hergeschoben, dass die nur einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstattet wurde. Erst mit Wirkung zum Januar 2012 konnte das Steuerschlupfloch geschlossen werden, in Steinbrücks Amtszeit von November 2005 bis Oktober 2009 fallen die diesbezüglich erfolglosen Versuche des Staates.

Vor allem die Opposition wollte nun von Steinbrück wissen, warum er es nicht geschafft hatte, die Praktiken früher zu unterbinden. Steinbrück, der es rhetorisch leicht mit den Ausschussmitgliedern aufnehmen konnte, hatte kaum Mühe, die Anschuldigungen abzuwehren. So endete seine Befragung auch schon nach einer knappen Stunde - nachdem mehrere Zeugen zuvor bis zu drei Stunden vernommen wurden.

Ehemalige Spitzenbeamte des Finanzministeriums hatten vorher erklärt, dass das Problem der mehrfach ausgestellten Steuerbescheinigungen zulasten des Fiskus schon früher bekannt gewesen und mit dem Jahressteuergesetz 2007 aufgegriffen worden sei.

Steinbrück nannte das Gesetz, das in seine Amtszeit fällt, einen ersten Schritt. Hätte er jedoch damals schon - also 2007 - von den Netzwerken und der "Skrupellosigkeit" der Banken Kenntnis gehabt, hätte man sich anders aufgestellt, sagte Steinbrück.

(jd)
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