Immobilien Steigende Bauzinsen zerstören viele Träume

Düsseldorf · Zuletzt lag das neu zugesagte Kreditvolumen um 40 Prozent unter dem Vorjahreswert. Grund sind hohe Kosten, die viele abschrecken. Leidtragende sind die Baubranche sowie Banken und Sparkassen.

Steigende Bauzinsen lassen Baukredite einbrechen
Foto: dpa/Mia Bucher

Es ist gerade mal ein Jahr her, da war die Finanzierung der eigenen Immobilie hierzulande noch ein vergleichsweise preiswertes Vergnügen. Damals gab es zum Beispiel Darlehen mit einer Zinsbindung über zehn Jahre noch für weniger als ein Prozent. Und alle, die damals bauen oder kaufen wollten, waren gut beraten, sich die günstigen Konditionen für einen möglichst langen Zeitraum zu sichern. Jetzt scheinen die goldenen Zeiten vorbei zu sein. Heute kostet ein vergleichbarer Kredit schon häufig einen Jahreszins von 3,5 Prozent – mitunter auch mehr – und eine Rückkehr zu den extrem günstigen Bedingungen von einst ist vorerst wahrlich nicht in Sicht.

Das hat dazu geführt, dass so manche(r) den Traum vom Eigenheim begraben hat. Zumindest vorerst. Das ist auch nachvollziehbar: Wer beispielsweise einen Kredit von 250.000 Euro bei einer Bank, Sparkasse oder einem anderen Finanzierer aufnimmt, muss bei einem Zinsunterschied von zweieinhalb Prozentpunkten schon 6250 Euro mehr pro Jahr an Zinsen aufbringen. Auf einen Monat umgerechnet, sind das zunächst mehr als 500 Euro. Eine solche Zusatzbelastung können und wollen sich viele Interessenten nicht leisten, weil sie fürchten, dass sie die Finanzierung der Immobilie irgendwann überfordern könnte und Haus oder Wohnung somit in Gefahr wären. Das Horrorszenario ist in solchen Fällen dann die Zwangsversteigerung vor dem örtlichen Amtsgericht.

Gleichzeitig sind die hohen Bauzinsen nicht der einzige Grund für den aktuell spürbaren Verzicht auf ein Darlehen. Die Baukosten in Deutschland sind in den vergangenen Monaten wegen der teuren Materialien immer weiter geklettert, und die deutlich gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel haben die Verbraucher ebenfalls vorsichtig werden lassen.

Die Folge der Kreditzurückhaltung bei der Kundschaft: Die Zahl der neuen Baufinanzierungen ist regelrecht eingebrochen. Im November lag deren Zahl nach Angaben der Beratungsgesellschaft Barkow Consulting fast 40 Prozent unter dem Wert für den gleichen Monat des Vorjahres. Die 13,6 Milliarden Euro an Krediten (minus 1,4 Milliarden Euro), die im vorletzten Monat des Jahres vergeben wurden, waren demnach der niedrigste Stand der vergangenen elf Jahre und laut Barkow der dritte Negativrekord in Folge. Zum Vergleich: Im März 2022 lag das Neuvolumen bei etwa 32,3 Milliarden Euro, also deutlich mehr als dem Doppelten des aktuellen Wertes.

Barkow beruft sich bei seinen Angaben auf Daten der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB). An den Verhältnissen dürfte sich im Dezember 2022 nicht viel geändert haben, auch wenn zumindest regional die Immobilienpreise in Deutschland zuletzt gesunken sind. 

Die Zurückhaltung von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie institutionellen Investoren trifft nicht nur die Geldhäuser im Lande, sondern auch die Baubranche, die in den vergangenen Monaten schon mehr als einmal über stornierte oder abgebrochene Bauvorhaben klagte. Das galt zunächst vor allem für den Mietwohnungsbau, aber längst ist die Verunsicherungen auch in der privaten Kundschaft zu spüren. Die Baubranche hat jüngst bereits vor einem Einbruch beim Wohnungsbau gewarnt und Hilfe von der Politik gefordert – sprich: Der Staat soll jetzt investieren. „Wann, wenn nicht jetzt?“, hat Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des deutschen Baugewerbes (ZDB), jüngst der Deutschen Presse-Agentur gesagt.

Bei den Banken und Sparkassen gehen die Zahlen also zurück, nachdem sie im Verlauf des Jahres 2022 davon profitiert haben könnten, dass sich viele über Forward-Darlehen noch längerfristig günstige Zinsen gesichert haben. Das haben manche offensichtlich auch bei den Bausparkassen getan. Das Volumen der neuen Bausparverträge ist bei den privaten Bausparkassen nach deren eigener Einschätzung 2022 um etwa 40 Prozent gestiegen. Die Zahl der abgeschlossenen Verträge ist demnach um 15 Prozent gestiegen. Durchschnittliche Bausparsumme: 70.000 Euro. Auch bei den Landesbausparkassen zeigte der Trend im vergangenen Jahr deutlich nach oben: Nach eigenen Angaben gab es bei der Bausparsumme in den ersten neun Monaten des Jahres ein Plus von 49 Prozent. Bei der Zahl der abgeschlossenen Verträge sei es um 22,8 Prozent nach oben gegangen.

Günstige Zinsen aus dem Darlehensangebot der privaten und öffentlichen Bausparkassen galten in der jahrelangen Niedrigzinsphase nicht mehr als schlagendes Argument, weil die Kredite von Banken und Sparkassen genauso billig, teils auch preiswerter waren.

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