Essen Steag bereitet Städte auf Gewinnabsturz vor

Essen · Der fünftgrößte deutsche Stromkonzern rechnet für 2016 mit einem Gewinneinbruch. Reicht die Ausschüttung an die NRW-Stadtwerke noch, damit diese ihre Kredite bezahlen können?

Der Essener Stromkonzern Steag bekommt den Absturz der Großhandelspreise mit voller Wucht zu spüren. 2015 ging der Gewinn (vor Zinsen und Steuern, Ebit) leicht auf 237 Millionen Euro zurück. Für 2016 sieht es düster aus: Der Gewinn (Ebit) für 2016 werde "aller Voraussicht nach signifikant unterhalb des Wertes des Jahres 2015 liegen", erklärte die Steag. Dies sei vor allem dem Gewinnrückgang bei den deutschen Kraftwerken geschuldet, der nicht durch die anderen Bereiche (Auslandsgeschäft oder erneuerbare Energien) ausgeglichen werden könne.

Der drohende Gewinneinbruch ist insbesondere für die Ruhrgebiets-Stadtwerke (Dortmund, Duisburg, Essen, Bochum, Oberhausen, Dinslaken) eine schlechte Nachricht, die Eigentümer der Steag sind. Denn damit wird auch die Ausschüttung des Konzerns an sie sinken. Für 2015 sollen sie noch einmal 80 Millionen Euro erhalten. Doch dann geht es abwärts. Darauf bereitet Guntram Pehlke, Chef der Stadtwerke Dortmund und Aufsichtsrats-chef der Steag, die Städte schon mal vor: "Es liegen gute Jahre hinter uns, die uns gute Ergebnisse beschert haben. Aber nun werden wir zu spüren bekommen, dass das extrem niedrige Strompreisniveau und der Kohlepreisverfall auch die Ergebnisleistung der Steag beeinflussen", erklärte Pehlke.

Die Oberhausener Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn (Grüne) warnte: "Der Ausblick für 2016 mit dem Gewinneinbruch macht große Sorgen. Die Stadtwerke als Eigentümer der Steag brauchen eine hohe Ausschüttung, um ihre Kredite zum Kauf des Unternehmens abstottern zu können."

Die Stadtwerke haben ihre Beteiligung in der Gesellschaft KSBG gebündelt. Diese hatte einst einen hohen Kredit aufnehmen müssen, um die Steag vom Industriekonzern Evonik übernehmen zu können. Als Schuldendienst (Zins und Tilgung) wird laut KSBG ein zweistelliger Millionen-Betrag pro Jahr fällig. Der KSBG-Sprecher betonte, die Ausschüttung werde reichen, um den Schuldendienst zu bedienen.

Erleichtert zeigte sich Höhn, dass die Steag beim Rennen um die ostdeutsche Braunkohle von Vattenfall nicht zum Zuge kommt. "Die aktuellen Zahlen zeigen, dass ein Kauf der ostdeutschen Braunkohle ein Himmelfahrtskommando gewesen wäre", betonte die frühere NRW-Umweltministerin. "Zudem lässt sich die Braunkohle auf absehbare Zeit nicht wirtschaftlich betreiben, weil die Strompreise so in den Keller gegangen sind. Ein Kauf durch die Steag hätte die Stadtwerke ruiniert."

Am Sonntag kommt der Vattenfall-Aufsichtsrat zusammen, um über den Verkauf der ostdeutschen Tagebaue und Braunkohle-Kraftwerke (insgesamt 8000 Beschäftigte) zu entscheiden. Den Zuschlag soll aller Voraussicht nach der tschechische Versorger EPH erhalten. Pikant: Der hatte einst auch die Steag übernehmen wollen.

Um dem Gewinnabsturz entgegenzuwirken, prüft die Steag nun die Abschaltung mehrerer Steinkohle-Blöcke. Konkrete Standortentscheidungen seien noch nicht gefallen, sagte ein Sprecher. Als besonders gefährdet gelten zwei ältere Blöcke in Voerde und ältere Blöcke in Herne und Lünen. Schon 2015 hatte die Steag zudem ihre Investitionen in erneuerbare Energien und dezentrale Anlagen zurückgefahren: um 43 Prozent auf rund 150 Millionen Euro. Die Mitarbeiterzahl sank um 500 auf rund 6000. Womöglich werden es noch weniger: Die Steag kündigte an, ihre Verwaltungsstrukturen zu überprüfen.

(anh)
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