10,7 Millionen Euro für die dritte Förderphase Start-ups: Land stärkt Digital-Hubs den Rücken

Düsseldorf · Die Digital-Hubs in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen und Münster starten mit 10,7 Millionen Euro Landesmitteln in die dritte Förderphase. In der Szene ist damit eine Diskussion entbrannt, ob diese Rolle nicht auch Private ausfüllen könnten.

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubauer stärkt der Start-up-Szene den Rücken.

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubauer stärkt der Start-up-Szene den Rücken.

Foto: Land NRW

Es sind herausfordernde Zeiten für Gründer, die sich ihren Platz auf dem Markt erst noch erkämpfen müssen. Die Zinsen für Kredite steigen, die Sorgen vor einer einschneidenden Rezession wachsen, Kaufkraft ist wegen der Energiekrise in Teilen schon weggebrochen. Mit einem Start-up ins Risiko zu gehen, erscheint noch wagemutiger als zuvor schon. Damit aber die Szene in NRW Innovationstreiber bleibt, stärkt das Land nun den Digital-Hubs den Rücken.

Zum Hintergrund: Die Netzwerke in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen und Münster sollen junge Unternehmen dabei unterstützen, zu wachsen und sich auf dem Markt zu vernetzen. Im Jahr 2016 ging die Initiative an den Start, ursprünglich waren zwei Förderphasen geplant. NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) hat nun aber eine dritte Offensive angekündigt. In den nächsten drei Jahren soll es weitere 10,7 Millionen Euro für die Netzwerke geben.

Der Fokus soll künftig stärker auf dem Klimaschutz liegen. „Mit vielseitigen Angeboten und überregional sichtbaren Veranstaltungen unterstützen die Digitale-Wirtschaft-NRW-Hubs digitale Start-ups, die das Zeug haben, den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft mit zukunftsweisenden Innovationen voranzubringen. Denn klar ist: Für die klimagerechte Transformation in Nordrhein-Westfalen brauchen wir eine lebendige Start-up-Szene“, sagt Neubaur.

In sozialen Medien ist unterdessen eine Debatte darüber entbrannt, welche Rolle der Staat in der Start-up-Szene spielen soll. Florian Rinke, Autor des Buchs „Silicon Rheinland“, fragt pointiert bei LinkedIn: „Müssen wir ausgerechnet in einer sich dynamisch entwickelnden Digitalwirtschaft, in der Millionen und Milliarden bewegt werden, über eine Anschubfinanzierung hinaus eine Art Hub-Brauchtum erschaffen?“ Das Gründerforum Founders Foundation in Bielefeld beweise, dass man Vernetzungs- und Beratungsleistungen auch privat anbieten könne.

Nichtsdestotrotz kommt Rinke zum Fazit, dass Digital-Hubs einen wichtigen Beitrag leisten. „Einerseits muss man zwar konstatieren, dass der erneute Bescheid ein Eingeständnis ist, dass sich die Hubs wohl dauerhaft nicht aus eigenen Mitteln vollständig tragen werden“, so Rinke. Allerdings sei die Zusage ein wichtiges Signal, dass Gründer eine zentrale Rolle bei der Erneuerung der Wirtschaft spielten. „Die Hubs erfüllen eine extrem wichtige Netzwerk-Funktion in NRW“, sagt der Start-up-Experte.

Auch Madeleine Heuts, Vorsitzende des Start-up-Vereins NRWalley, begrüßt die Förderzusage. „Die wirtschaftlichen Zeiten sind nicht leicht, gerade für Start-ups ist die Situation schwierig. Nun hat das Ministerium ein wichtiges Signal gegeben“, sagt Heuts. Die Unsicherheit auf dem Markt sei derzeit groß, zudem sei der Zugang zu Kapital schwieriger geworden. „Das führt dazu, dass das Mindset, sich selbständig zu machen, aktuell nicht ganz so offen ist“, so die Chefin des Start-up-Vereins.

Die Szene brauche dringend auch staatliche Unterstützung. „Es geht um eine Kombination aus staatlichen und privaten Mitteln. Die staatliche Förderung wird gerade in den Bereichen benötigt, die wirtschaftlich nicht sofort skalierbar sind, etwa beim Fokus auf Nachhaltigkeit oder Social Entrepreneurship. Es ist richtig, dass die Landesregierung für diese Themen eine koordinierende Funktion einnimmt“, so Heuts. Dabei gehe es auch darum, neue Bevölkerungsgruppen anzusprechen. „Wir brauchen nicht den nächsten E-commerce-Shop, sondern Ansätze, die die aktuellen Probleme unserer Gesellschaft lösen. Dafür braucht es mehr Diversität in der Start-up-Szene: Menschen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Hintergründen erkennen ganz unterschiedliche Probleme, für die Start-ups Lösungen finden können“, sagt die Vorsitzende. Die Digital-Hubs nähmen auch eine wichtige Rolle ein, wenn es darum gehe, die Start-up-Szene mit dem in NRW starken Mittelstand zu verknüpfen. „Wir haben in NRW ein großes Wirtschaftspotential. Daraus sollten noch mehr Win-win-Situationen entstehen“, sagt Madeleine Heuts.

Dr. Timo Marks, selbst Gründer und NRW-Landessprecher des Startup-Verbands, hält den Ansatz der Digital-Hubs ebenfalls für unabdingbar. „Wir haben in NRW ein immenses Potential, was Gründungen und Gründungsqualität angeht. Dennoch sehen wir weiter Luft nach oben. Es gibt bei uns extrem gute Hochschulen und Universitäten, aus denen aber zu wenige Gründungen entspringen, die sich nachhaltig am Markt etablieren“, sagt Marks.

In der Startphase des Unternehmens bräuchten Gründer Unterstützung. „Bestehende Firmen zusammenzubringen, ist anfangs sehr schwierig“, so Marks. Allerdings gebe es im Ausland durchaus mehr private Initiativen, die Jungunternehmern Starthilfe gäben. „Dort gibt es Anlaufstellen, bei denen erfahrene Gründer Hilfestellungen geben, die für diesen Aufwand dann auch belohnt werden. In dem Kontext darf man nicht vergessen, dass finanzielle Mittel in den ersten Jahren der Gründung sehr knapp sind“, sagt der NRW-Sprecher.

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