Unternehmensförderung Start-ups begrüßen geplante Börse 2.0

Düsseldorf · Google, Apple oder Facebook expandierten global mit an der Börse eingesammeltem Geld. Damit auch aus Deutschland mehr Gründerfirmen schnell wachsen können, sollen Börsengänge nun leichter werden. Die Firmen fordern Tempo.

Unternehmensförderung: Start-ups begrüßen geplante Börse 2.0
Foto: Radowski

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Kanzlerin Angela Merkel wollen Börsengänge von kleinen Firmen deutlich erleichtern. Mit weniger Bürokratie und weniger Vorgaben sollen bei "Börse 2.0" Börsengänge in einem speziellen Wachstumssegment möglich sein - am 18. Dezember spricht Gabriel mit der Deutschen Börse über die Idee.

Der auf dem IT-Gipfel bereits am Dienstag angekündigte Schritt wird von den betroffenen Unternehmen sowie Experten begrüßt. "Schneller und einfacher frisches Kapital für weiteres Wachstum zu bekommen, würde so mancher Gründerfirma helfen", lobt Jérôme Glozbach de Cabarrus, Chef des in Köln und Berlin sitzenden Internetunternehmens Hoccer. "Es wäre sehr wünschenswert, wenn es mehr Investoren gebe", sagt Hanns Stappen, Düsseldorfer Gründer und Vorsitzender der Initiative "Start-up-Dorf". Nicht nur Großunternehmen und wohlhabende Mittelständler, auch Privatinvestoren könnten dann in Start-ups investieren.

"Ein Börsensegment speziell für junge Firmen könnte den Finanzierungskreislauf stark beschleunigen", sagt Klemens Skibicki, Professor für Internetwirtschaft aus Köln, Er fordert den Start der Börse 2.0 nach Möglichkeit schon 2015. Und der Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek ergänzt als Experte für digitale Wirtschaft: "Wir haben noch immer zu wenig Venture-Capital für junge Unternehmen in Deutschland. Je mehr aber solche Firmen schon früh an die Börse gehen können, umso attraktiver werden Anfangs-Investitionen, während das eingenommene Geld auch noch hilft, neue Investitionen zu finanzieren."

Konkret geht es darum, einen riesigen Rückstand beim Aufbau neuer Firmen aufzuholen. 2011 spendierten in den USA private Investoren 19,7 Milliarden Euro an Risikokapital für kleine Firmen, hierzulande flossen im selben Jahr nur 717 Millionen Euro an Risikokapital. Und während in den USA fast jede Woche neue Technologiefirmen an die Börse gehen und Google, Facebook oder Apple gigantische Geldsummen an der Börse eingesammelt haben, hilft der Kapitalmarkt den deutschen Gründerfirmen nur wenig. "Die meisten Unternehmen holen sich eher Kapital von Investoren wie Microsoft oder Tengelmann, als sich an die Börse zu wagen", sagt Skibicki, "das könnte sich mit einer Börsenöffnung bessern."

Die zwei Vorzeigeunternehmen Zalando und Rocket Internet aus Berlin weisen den Weg. Sie sammelten bei ihren Börsengängen vor wenigen Wochen jeweils mehr als 400 Millionen Euro ein, die sie in neues Wachstum investieren wollen. "Es war ein wichtiges Signal, dass Zalando und Rocket Internet ihren Börsengang in Deutschland machten und nicht nach Amerika auswichen", sagt Politiker Jarzombek, "jetzt werden Kapitalgeber stärker nach Deutschland schauen."

Dabei zeigen Zalando und Rocket Internet zwei Dinge zusätzlich: Beide Unternehmen hatten in ihrer Gründungsphase stark von risikobereiten Investoren wie den bekannten Samwer-Brüdern profitiert - darum loben die Experten auch, dass die Bundesregierung den Aufbau von Gründerfirmen auch in der Anfangsphase weiter fördern will.

Gleichzeitig zeigen Zalando und Rocket, dass Aktien von neuen Technologiefirmen alles andere als risikolos sind. Denn die Werte der Papiere gingen zeitweise wieder deutlich runter. Tobias Kollmann, Professor aus Duisburg und Berater der NRW-Landesregierung begrüßt die neue Initiative trotzdem: "Wir haben in Deutschland bei Start-ups große Probleme bei der Finanzierung. Jetzt rücken sie vom Rand der Betrachtung in den Fokus."

(RP)
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