Thermondo Start-up macht der Heizungsbranche Dampf

Thermondo will den Heizungsmarkt revolutionieren – und lockt Kunden mit Markenanlagen zu günstigen Preisen. Die Handwerksbetriebe sind alarmiert. Der Fachverband wirft dem Start-up sogar vor, nur "Standard und billig" zu können.

Thermondo: Start-up macht der Heizungsbranche Dampf
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Thermondo will den Heizungsmarkt revolutionieren — und lockt Kunden mit Markenanlagen zu günstigen Preisen. Die Handwerksbetriebe sind alarmiert. Der Fachverband wirft dem Start-up sogar vor, nur "Standard und billig" zu können.

Selbstbewusst wirbt das Handwerk mit dem Spruch "Die Wirtschaftsmacht von nebenan". Geht es nach den Gründern von Thermondo, könnte es damit bald vorbei sein — zumindest im Bereich Sanitär, Heizung, Klima. Nachdem das Internet den Handel revolutioniert hat, glauben die drei Gründer um Philipp Pausder daran, dass dies auch im Handwerk möglich ist. Bislang bauen überwiegend kleine und mittelständische Betriebe Heizungen ein. Pausder ist sich sicher, dass es günstiger und schneller geht: "Thermondo ist eine zeitgemäße Antwort auf die Bedürfnisse der Kunden."

Dazu Bedarf es zweier Zutaten: Der Spezialisierung und eines Algorithmus. Mit letzterem entwickelt das Online-Portal aus rund einer Million Lösungen das passende Angebot für den Kunden. Schon jetzt baut das 2013 gegründete Berliner Start-up nach eigenen Angaben mehr Geräte ein als Wettbewerber. Sanitär, Heizung, Klima — dieser Dreiklang ist für Pausder nicht mehr zeitgemäß. "Was haben Fliesen im Bad mit der Heizung zu tun?", fragt er und ist überzeugt: "Das Handwerk wird in zehn Jahren ganz anders aussehen."

Die drei Gründer haben sich eine Branche mit Potential vorgenommen: Denn während die Deutschen überall Solarzellen und Windräder in die Landschaft pflastern, schlummern in ihren Kellern oft noch vorkriegsähnliche Heizungsanlagen. Laut einer Shell-Studie entsprechen nur ein Fünftel aller Heizungen in Deutschland dem aktuellen Stand der Technik. Allein in NRW gibt es nach Angaben des Gesamtverbandes des deutschen Brennstoff- und Mineralölhandels Region West noch rund 912.000 Ölheizungen, deutschlandweit sind es knapp sechs Millionen.

"Sehr schnell viel Geld sparen"

Das will das Start-up ändern. "Die Menschen können durch den Austausch ihrer Heizungen sehr schnell viel Geld sparen", sagt Philipp Pausder. Und bei Thermondo sei die Installation günstiger als bei den klassischen Betrieben. Gleichzeitig arbeitet Thermondo nach eigenen Angaben mit allen großen Heizungs-Herstellern zusammen, vor Ort werde die Installation der Heizung von Handwerkern und Partnern übernommen. "Die Handwerker müssen nicht an den Vertrieb denken, das spart Zeit und Geld", sagt Pausder. Und Kunden könnten dank genauer Vorschriften deutschlandweit einheitliche Qualität erwarten. "Im Internet kann man sich keine schlechte Arbeit erlauben, das gäbe schlechte Bewertungen."

Obwohl Thermondo aktuell noch keine schwarzen Zahlen schreibt, ist die Branche alarmiert. Vor allem der Preiskampf ärgert viele Betriebe. Zusammenarbeiten wollen laut dem Fachverband Sanitär Heizung Klima NRW die wenigsten Handwerker mit Thermondo. "Verständlicherweise lässt sich kein gutes Unternehmen auf einem Partner ein, der vor allem billig sein will", heißt es. Die Preise, die Thermondo aufrufe, seien nicht "kostendeckend". Immer wieder fällt in Gesprächen mit Installateuren auch der abfällige Begriff "Schrauber", wenn es um die Frage geht, wer für das Start-up vor Ort die Heizungen installiert.

Philipp Pausder wehrt sich gegen solche Vorwürfe. Seine Teams würden pro Jahr im Schnitt 80 bis 100 Heizungen einbauen, der durchschnittliche Heizungsbetrieb hingegen nur elf. Die Frage, wer seinen Job besser erledigen könne, könne daher jeder selbst beantworten. "Jede Branche, die sich im Wandel befindet, hat Marktteilnehmer, die den Status quo bewahren möchten", sagt er.

Die Branche verschanzt sich hinter ihrem Qualitätsversprechen. Sie wirbt mit Kundennähe und individuellen Lösungen. Bei Thermondo, ätzt der Fachverband, gebe es nur "standard und billig". Der Austausch einer Heizung könne auch mit einem Wechsel des Energieträgers verbunden sein, sagt Bernd Schöllgen, Geschäftsführer der Schöllgen Haustechnik GmbH aus Alfter bei Bonn. Er hat sich in Arbeitsgruppen bereits mit Thermondo beschäftigt. Von Pelletheizungen oder Wärmepumpen sei bei dem Start-up aber nicht die Rede. "Eine Heizung ist eine langfristige Investition, so wie ein Auto", sagt Bernd Schöllgen: "Und ein Auto würde ich ohne vorherige Besichtigung auch nicht im Internet kaufen."

(frin)
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