CO2-Studie des WWF Bei den „Dirty 30“ steht Duisburg ganz oben auf der Liste

Düsseldorf · Das Duisburger Hüttenwerk landet in einem bundesweiten Vergleich auf Platz eins. Die Umweltschutzorganisation WWF fordert eine schnelle Industrie-Transformation.

Das Thyssen-Krupp Stahlwerk in Duisburg.

Das Thyssen-Krupp Stahlwerk in Duisburg.

Foto: dpa/Jonas Güttler

Es sind Zahlen, die betroffen machen: 58 Millionen Tonnen Kohlendioxid verursachten die 30 CO2-intensivsten Industrieanlagen 2022 in Deutschland. Auf die „Dirty Thirty“ („die dreckigen dreißig“), wie die Umweltschutzorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) sie nennt, entfielen im vergangenen Jahr rund ein Drittel der im Klimaschutzgesetz definierten Emissionen des Industriesektors und acht Prozent der Treibhausgasemissionen Deutschlands. Das zeigt ein Bericht der Forschungseinrichtung Öko-Institut im Auftrag von WWF. Darin analysierten zwei Forscher die Ausstöße von Anlagen im EU-Emissionshandel (ETS).

Ganz vorne mit dabei: das Hüttenwerk von Thyssenkrupp Steel in Duisburg. Allein das verursachte im vergangenen Jahr 7,9 Millionen Tonnen CO2, was sogar einem Prozent mehr entspricht als noch 2021. Generell entfallen die ersten 13 Plätze auf Anlagen, die Eisen und Stahl erzeugen, darunter noch vier weitere von Thyssenkrupp Steel in Duisburg: die Dampfkesselanlage in Hamborn mit 2,5 Millionen Tonnen CO2 auf Rang acht, das Kraftwerk Hamborn Block 5 mit 2,1 Millionen Tonnen, das Heizkraftwerk Duisburg-Hamborn mit 1,9 Millionen Tonnen und das Dampfheizkraftwerk Veo in Schwelgern mit 1,8 Millionen Tonnen auf den Plätzen zehn bis zwölf. Aber auch die Unternehmen Rogesa Roheisengesellschaft Saar, Salzgitter Flachstahl, Hüttenwerke Krupp Mannesmann und Arcelor Mittal Bremen sowie die Vulkan-Energiewirtschaft Oderbrücke setzen extrem viel CO2 frei und landen mit ihren Werken auf den ersten 13 Rängen. Da überrascht es kaum, dass 47 Prozent der industriellen ETS-Emissionen auf das Konto von Eisen und Stahl gehen.

Die Zement- und Chemieindustrie stehen allerdings auch schlecht da. Allein das Zementwerk in Rüdersdorf (Brandenburg) verursachte 1,1 Millionen Tonnen im Jahr 2022 und landet auf Platz 16. Immerhin konnte es seine Freisetzung im Vergleich zu 2021 um neun Prozent verringern. Insgesamt gehen 25 Prozent der industriellen ETS-Emissionen auf die Herstellung von Zement und Kalk zurück, während auf die Chemieindustrie 15 Prozent entfallen. Rechnet man alles zusammen, zeigt sich: Nach der Energiewirtschaft hat die deutsche Industrie die zweithöchsten Emissionen.

Zwar verursachten einige Unternehmen 2022 schon weniger CO2-Emissionen als im Vorjahr, so wie die Ammoniakanlage 2 der SKW Stickstoffwerke Piesteritz in Lutherstadt Wittenberg. Dort lag der Anteil 2021 noch bei 1,3 Millionen Tonnen, während im vergangenen Jahr mit 0,9 Millionen rund ein Drittel weniger verzeichnet wurde. Und auch die Dampfkesselanlage Duisburg-Hamborn setzte 2022 mit 2,5 Millionen Tonnen ein Fünftel weniger frei als 2021. Das gleicht sich aber mit anderen Beispielen wie dem Heizkraftwerk, ebenfalls in Duisburg-Hamborn, aus. Dort setzte man 2022 sogar rund ein Viertel mehr CO2 frei als im Vorjahr. Laut Bericht des Öko-Instituts sind die Emissionen des Industriesektors nahezu konstant, seit der europäische Handel 2005 eingeführt wurde. Dabei ist er bislang das Hauptinstrument zur Dekarbonisierung der Industrie. Dekarbonisierung bedeutet, die Energiewirtschaft von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umzustellen.

WWF hat eine klare Haltung dazu: „Durch die Vergabe kostenloser CO2-Zertifikate an die Industrie wurde das CO2-Preissignal abgeschwächt, und der Anreiz, auf klimafreundliche Verfahren und Technologien umzustellen, entfiel“, sagt Viviane Raddatz, Klimaexpertin beim WWF Deutschland. Nun habe man sich zwar auf ein Auslaufen der kostenlosen Zuteilung bis 2034 geeinigt, doch das sei zu spät. Umso entscheidender sei es, dass die Ampelregierung jetzt liefere. Für die Dekarbonisierung der Industrie brauche es regulatorische Leitlinien und Förderung, die auch kleinen Unternehmen zur Verfügung stehen müsse. „Beim gern angeführten Schlagwort Technologieoffenheit gilt es, sich über Parteien und Branchen hinweg ehrlich zu machen: Was steht wo und wann tatsächlich im benötigen Maßstab zur Verfügung, Stichwort Wasserstoff? Und welche Technologien sind mitunter nur Deckmantel dafür, ein ‚Weiter so‘ herbeizubeschwören, das letztlich allen schadet?“, so Raddatz.

Wenn es nach der Umweltschutzorganisation geht, dürften staatliche Fördergelder grundsätzlich nur in klimaschützende Maßnahmen fließen, insbesondere die Produktion von grünem Wasserstoff. So will Thyssenkrupp in Duisburg eine Direktreduktionsanlage bauen, die Wasserstoff statt Kohlenstoff zur Gewinnung des Roheisens aus dem Eisenerz einsetzt. Der Bund möchte 1,4 Milliarden Euro beisteuern, wie Wirtschaftsminister Habeck bei einem Besuch am Montag bekräftigte.

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