Industriekonzern im Umbruch Thyssenkrupp trimmt sich für die Teilung

Düsseldorf · Trotz eines durchwachsenen ersten Quartals und Kritik der EU-Kommission am Stahl-Joint-Venture sieht sich Vorstandschef Guido Kerkhoff auf Kurs. Anleger sind extrem skeptisch. Die Aktie bricht ein.

 Der Stahl wird künftig zur Werkstoffsparte Materials gehören. Foto: dpa

Der Stahl wird künftig zur Werkstoffsparte Materials gehören. Foto: dpa

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Bei den Mitarbeitern im Thyssenkrupp-Quartier in Essen herrscht derzeit viel Unruhe. Der Konzern, so sieht es die Strategie von Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff vor, wird im kommenden Jahr geteilt: in eine Werkstoffsparte (Materials) und eine Industriegüter-Sparte (Industrials). In welcher der beiden Gesellschaften lande ich, fragt sich so mancher der 2700 Betroffenen. Denn die Frage steht im Raum, welches die attraktivere Gesellschaft ist: Materials, als Nachfolgeorganisation der alten Thyssenkrupp AG mit der Beteiligung am Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel, dem Werkstoffhandel und den Stahlerzeugnissen wie Wälzlagern, Kurbelwellen und der Marine? Oder doch das Mischgebilde Industrials mit der Aufzugsparte, dem Automobilzuliefergeschäft und dem klassischen Anlagenbau? Ein möglicher Anhaltspunkt könnte sein, für welches der beiden Unternehmen sich der amtierende Vorstand entscheidet. Doch Kerkhoff wollte sich diesbezüglich nicht in die Karten schauen lassen. Man bleibe neutral, sagte er lediglich bei der Vorstellung der Quartalszahlen. Eine Entscheidung für das Personaltablaeu werde es erst im Laufe des Frühjahrs geben. Die Mitarbeiter sollen spätestens zu den Sommerferien Klarheit haben, wo sie landen. Räumlich wird sich ohnehin nicht viel ändern. Beide Unternehmen werden auf dem Campus an der Thyssenkrupp Allee am Rand der Essener Innenstadt beheimatet sein. 

Doch bei der künftigen Führung zeichnet sich bereits einiges ab: Geführt werden beide Unternehmen je von einem dreiköpfigen Vorstand. Neben dem Vorsitzenden werden dies ein Finanzer und ein Personaler sein. Der Posten des Compliance- und Rechtsvorstandes, den derzeit Donatus Kaufmann innehat, wird es nicht mehr geben. Das heiße nicht, dass Kaufmann vorzeitig ausscheide, betonte Kerkhoff. Kaufmann ist bis 2022 bestellt. 

Um die Gesellschaften für die Zukunft fit zu machen, wird an der Organisationsstruktur drastisch herumgeschraubt. Die Matrix-Struktur in ihrer bisherigen Form – mit Zentralfunktionen, Geschäftsfeldern, Regionen und internen Dienstleistungen (Shared Services) wie der Buchhaltung, der Abrechnung und der IT – wird aufgegeben. Kerkhoff begründet dies damit, dass der Konzern durch die Matrix zu stark verlangsamt worden sei. Die Neuorganisation trifft insbesondere die Regionen. Während die deutsche Belegschaft die Zusicherung hat, dass durch die Teilung keine Stellen betriebsbedingt wegfallen, dürfte es im Ausland durchaus zu Kündigungen kommen. Insgesamt hält Kerkhoff an seinen Einsparzielen fest. Bis zum Geschäftsjahr 2020/21 will er die Verwaltungskosten auf unter 300 Millionen Euro drücken, 30 Prozent sollen bei der schlankeren Materials anfallen, 70 Prozent bei Industrials.

Das Monster-Projekt der Thyssenkrupp-Teilung wird angesichts der Lage beim Industriekonzern ein äußerst schwieriges Unterfangen. Das erste Quartal schlossen die Essener mit einem operativen Ergebnis von 168 Millionen Euro ab (37 Prozent weniger als im vorangegangenen Jahr). Der Free Cashflow sank auf minus 1,6 Milliarden Euro. Thyssenkrupp sei dennoch solide durchfinanziert, sagte Kerkhoff. An den Zielen für das laufende Jahr von einem Ergebnis von rund einer Milliarde Euro hält er trotz des schwachen ersten Quartals fest.

Die Anleger reagierten skeptisch und schickten die Thyssenkrupp-Aktie auf Talfahrt. Sie verlor zwischenzeitlich 4,7 Prozent. Auf die Stimmung drücken auch Bedenken der EU-Kommission gegen das Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel. Kerkhoff sprach aber von üblichen Vorgängen und erklärte, Parallelen zum am EU-Veto gescheiterten Siemens-Alstom-Deal gebe es nicht. Dafür gebe es genügend große Konkurrenten auf dem europäischen Stahlmarkt.

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