Zahl der Kurzarbeiter soll sinken Stahlboom hilft Thyssenkrupp aus der Krise

Der Konzern profitiert von steigenden Stahlpreisen, doch er verbrennt noch immer viel Geld. So lange der Mittelabfluss nicht gestoppt ist, kann Konzernchefin Merz die Stahlsparte nicht ausgliedern. Die Aktie legt zu, auch wenn die Anleger weiter auf Dividende warten müssen.

 1300 Stahlkocher sind in Kurzarbeit.

1300 Stahlkocher sind in Kurzarbeit.

Foto: dpa / Roland Weihrauch

Der angeschlagene Thyssenkrupp-Konzern kann neue Hoffnung schöpfen. Überraschend stark profitiert er vom weltweiten Stahlboom. Im zweiten Quartal legte der Gewinn (bereinigtes Ebit) von 220 Millionen Euro im Vorjahresquartal auf 802 Millionen Euro hoch. Entsprechend hebt der Konzern die Prognose an und erwartet nun im Geschäftsjahr einen Gewinn von mindestens zwei Milliarden Euro. Die Aktie legte um sechs Prozent auf 7,50 Euro zu. Doch wann die gebeutelten Aktionäre wieder eine Dividende sehen, ist offen. „Die Wiederherstellung der Dividendenfähigkeit ist unser vorrangiges Ziel“, sagte Finanzchef Klaus Keysberg. Ob es für dieses Jahr eine Dividende gebe, könne man erst nach Ablauf des Geschäftsjahres im Herbst beurteilen.

Diese Frage umtreibt auch die Krupp-Stiftung, die 21 Prozent an dem Konzern hält und von der Dividende lebt. Stiftungs-Chefin Ursula Gather hatte im Interview vor einem Jahr gesagt, zwei Jahre könne man noch ohne Ausschüttung und große Einschnitte durchstehen. Der Konzern hatte das letzte Mal für das Jahr 2017/2018 eine Dividende gezahlt – und das auch nur magere 15 Cent je Aktie.

Denn trotz des aktuellen guten operativen Geschäfts verbrennt Thyssenkrupp weiter Geld: Der Cash Flow war auch im zweiten Quartal negativ und lag bei minus 722 Millionen Euro. Die Mittel, die Thyssenkrupp aus dem Verkauf seiner Ertragsperle, der Aufzugsparte, eingenommen hat, fließen also weiter ab. „Es ist unser vorrangiges Ziel, wieder zu einem ausgeglichenen Free Cash Flow zu kommen“, versicherte Keysberg. „Der russische Angriffskrieg in der Ukraine erschwert Aussagen, wann genau wir diese Ziele erreichen werden. Aber: Wir lassen nicht locker.“ Er sei entspannt, denn die Mittelabflüsse seien temporär und hätten mit Investitionen und Umbaukosten zu tun, was auf die Zukunft einzahle.

Vor allem der Stahlbereich braucht einen positiven Cash Flow, damit der Konzern ihn wie geplant ausgliedern kann. Konzernchefin Martina Merz hatte die Verselbständigung kurz nach Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine wegen der vielen Unsicherheiten gestoppt. Bei einem negativen Cash Flow geben Banken kein Geld für die Ausgliederung. Es bleibe bei dem Ziel, die Sparte zu verselbständigen, nur die konkrete Form sei noch offen, so Keysberg.

Das Ganze hängt auch an der Frage, wie der Staat den Umbau zu grünem Stahl unterstützt. Für den Bau der neuen Direktreduktionsanlage in Duisburg, die gut eine Milliarde Euro kosten soll, hat der Konzern Fördergelder beantragt. Man hoffe auf eine Förderung von 50 Prozent, so Keysberg.

Aktuell hat Thyssenkrupp 2300 Mitarbeiter in Kurzarbeit, davon 1300 beim Stahl. Denn Kunden rufen ihre Bestellungen nicht ab. Die Autoindustrie leidet unter Lieferengpässen bei Halbleitern, so dass sie auch weniger Stahl braucht. Und so stapeln sich die Brammen im Duisburger Werk. Zugleich sind die Stahlpreise stark gestiegen, wovon der Konzern wiederum profitiert. „Im Mai und in den folgenden Monaten wird die Zahl der Kurzarbeiter heruntergehen“, erwartet Keysberg. Die Stahlsparte konnte ihren Gewinn gegenüber dem Vorjahresquartal auf 479 Millionen Euro verzehnfachen.

Mit Blick auf einen möglicherweise drohenden Lieferstopp beim Gas sagte der Finanzchef, man sei mit der Bundesnetzagentur in engem Austausch: „Warmbandwerke kann man herunterfahren, aber Hochöfen nur zu einem ganz kleinen Teil. Zudem versorgen wir Haushalte in Duisburg mit Fernwärme: Das hat die Netzagentur verstanden.“

Auch Konzern-Chefin Martina Merz ist wieder hoffnungsvoll: „Trotz erschwerter Bedingungen in unseren autobezogenen Geschäften hatten wir ein gutes zweites Quartal. Wir arbeiten weiter mit Hochdruck an unserer Transformation. In der aktuellen Situation kommt es in erster Linie darauf an, den Schwerpunkt weiter auf Performance zu legen.“ Soll heißen: Der Konzern muss weiter sparen, um den Mittelabfluss zu stoppen und dauerhaft aus der Krise zu kommen.

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