Teures Manöver Staat rettet Lufthansa mit neun Milliarden

Frankfurt · Der Staat soll 20 Prozent der Lufthansa-Anteile und eine stille Beteiligung sowie zwei Sitze im Aufsichtsrat erhalten. Die Anleger reagierten erleichtert, aber es droht Streit mit der EU-Kommission. In Köln wird Germanwings geschlossen.

 Maschinen der Lufthansa parken auf dem Areal des Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg. Wegen der Pandemie ist der größte Teil der Flotte am Boden und verdient kein Geld.

Maschinen der Lufthansa parken auf dem Areal des Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg. Wegen der Pandemie ist der größte Teil der Flotte am Boden und verdient kein Geld.

Foto: dpa/Tino Schöning

Aufatmen in Frankfurt: Das neun Milliarden Euro schwere Rettungspaket für die angeschlagene Lufthansa steht. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) habe der Finanzierung zugestimmt, der Lufthansa-Vorstand habe das Paket befürwortet, teilte die größte deutsche Fluggesellschaft am Montagabend mit. Die Lufthansa sei wegen der Coronavirus-Pandemie schuldlos in eine schwierige Lage geraten, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die Staatshilfen seien deshalb eine sehr gute Lösung, um die Krise zu überbrücken und trage den Interessen des Steuerzahlers Rechnung. Die EU-Kommission muss den Deal noch absegnen.

Nachdem schon Mitte der vergangenen Woche die Grundzüge der Vereinbarung bekannt geworden waren, hatte es noch Streit zu einzelnen Punkten gegeben. Dabei war das Volumen von neun Milliarden Euro unstrittig, es ging jedoch um die Ausgestaltung und die Auflagen. Nun sieht der Deal so aus: Der Staat beteiligt sich auf mehreren Wegen an der Kranichlinie: Er erhält zum einen 20 Prozent der Aktien für einen sehr niedrigen Preis von insgesamt 300 Millionen Euro, obwohl der Konzern aktuell noch 3,8 Milliarden Euro wert ist. Der größte Teil der Staatshilfe aber fließt der Lufthansa als stille Einlage zu in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. Hinzu kommt eine weitere stille Beteiligung über eine Milliarde Euro. Diese kann der Staat in Aktien umwandeln, wenn er eine Übernahme der Fluggesellschaft verhindern möchte. Denn dann hätte er eine Sperrminorität von gut 25 Prozent. Auf die stille Einlage sind zunächst vier Prozent Zinsen fällig, die später auf bis zu 9,5 Prozent steigen sollen. Als letzten Bestandteil des Finanzpakets erhält die Lufthansa von der staatseigenen Förderbank KfW einen Kredit in Höhe von drei Milliarden Euro.

Lange war strittig, wie stark der Staat sich im Gegenzug in das Geschäft der Lufthansa einmischen darf. Nun ist vereinbart, dass er zwei Sitze im Aufsichtsrat besetzen darf. Anders als bei der Deutschen Bahn sollen aber keine Politiker in das Kontrollgremium einziehen, sondern unabhängige (Wirtschafts-)Experten.

Der Staat steigt über eine Kapitalerhöhung ein, das heißt: Die neuen Aktien werden unter Ausschluss des Bezugsrechts der Altaktionäre im Nennwert von je 2,56 Euro ausgegeben. Die Altaktionäre dürfen sich an der Kapitalerhöhung also nicht beteiligen. Daher muss noch eine außerordentliche Hauptversammlung diesem Teil der Vereinbarung zustimmen. Die Aktionäre müssen mit einer starken Verwässerung ihrer Anteile rechnen, auch wenn sie sich gestern über einen deutlichen Kursanstieg freuen durften. Die Aktie kletterte zwischenzeitlich bis auf 8,68 Euro, nachdem sie am Freitag bei 8,05 Euro geschlossen hatte. Vor einem Jahr lag der Kurs noch bei 17 Euro.

Zuvor hatten Politiker kritisiert, dass die Auflagen für das Rettungspaket nicht hoch genug seien. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte noch am Montag, der Klimaschutz müsse eine Rolle spielen. So hatte etwa auch die Air France staatliche Hilfen nur gegen die Auflage erhalten, Inlandsflüge zu streichen. Allerdings ist das französische Zugnetz mit den TGV-Zügen deutlich leistungsfähiger als das deutsche Zugnetz.

Zudem waren Forderungen laut geworden, die Lufthansa solle alle bestellten Flugzeuge bei einem europäischen Hersteller (gemeint war Airbus) abnehmen. Diese Formulierung findet sich in dieser Form offenbar nicht mehr in dem Papier.

Schwer wiegender dürfte die Forderung der EU-Kommission sein, die Lufthansa müsse einige Start- und Landerechte an größeren Flughäfen an Konkurrenten abgeben. Laut „Handelsblatt“ geht es um Frankfurt und München. Wenn es dazu käme, würde die Lufthansa geschwächt. „Das lassen wir nicht mit uns machen“, soll Kanzlerin Angela Merkel in einer Sitzung des CDU-Präsidiums gesagt haben.

Als Gegenleistung für die Staatshilfe muss die Lufthansa auf die Zahlung von Dividenden verzichten und die Gehälter des Vorstandes werden begrenzt. Der Konzern musste keine Arbeitsplatzgarantien abgeben. Damit ist auch sicher, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr seinen Plan durchziehen und den Lufthansa-Ableger Germanwings in Köln schließen kann.

Bezogen auf die Zahl der Jobs ist die Rettung nicht billig: 138.000 Stellen hat der Konzern aktuell. Pro Job gibt es also 65.0000 Euro, obwohl 10.0000 Stellen wegfallen sollen. „Wenn das Unternehmen wieder flott ist, dann wird der Staat seine Anteile veräußern", sagte Scholz.

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