Berlin SPD will höhere Einkommen belasten

Berlin · Im vorläufigen Konzept der Sozialdemokraten für die Bundestagswahl sollen Top-Verdiener bis zu fünf Prozent mehr Einkommensteuern zahlen. Dafür will die Partei Gering- und Durchschnittsverdiener um bis zu 30 Prozent entlasten.

Berlin: SPD will höhere Einkommen belasten
Foto: Ferl

Pünktlich zum Parteitag der CDU in Essen, bei dem Steuererhöhungen nach 2017 ausgeschlossen werden sollen, haben auch die Sozialdemokraten Überlegungen für eine Steuerreform vorgelegt. Die SPD will dabei ganz in der Tradition ihrer bisherigen Politik auf massive Steuersenkungen verzichten, aber auch keine "überdimensionierten neuen Ausgabenprogramme" fahren, wie es gestern aus der Parteispitze hieß.

Im Einzelnen plant die Programmkommission Steuern und Finanzen der Partei, der unter anderem als maßgebliches Mitglied der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans angehört, eine "maßvolle Anhebung" der Besteuerung von besonders hohen Einkommen, um damit die Steuern und Abgaben für mittlere und niedrige Einkommen senken zu können. Damit würde auch der bisherige Spitzensteuersatz von 42 Prozent leicht ansteigen. Neu ist auch, dass die SPD erwägt, den Solidaritätsbeitrag ab 2019 abzusenken. Sie will ihn freilich nicht komplett abschaffen, sondern als "Generationen-Soli" zur Finanzierung einer Untergrenze des Rentenniveaus nutzen. Das Rentenniveau bezeichnet das Verhältnis der Standardrente nach 45 Jahren, vermindert um mögliche Abgaben, zum durchschnittlichen Nettoverdienst der Arbeitnehmer.

Überdies will die SPD hohe Vermögenseinkünfte und Erbschaften "am Gemeinwohl" beteiligen, wie es parteiintern heißt. Große Vermögen sollen deshalb wie große Erbschaften besteuert werden. Auch die Abgeltungsteuer auf Kapitaleinkünfte von derzeit 25 Prozent möchte die SPD im Falle eines Wahlsiegs grundlegend ändern. Es gilt dabei die Maßgabe, dass die, die ihr Geld für sich arbeiten lassen genauso behandelt werden wie jene, die "ihr Geld mit Arbeit verdienen", wie es aus Kreisen der Programmkommission heißt.

Um die Steuersenkung für Gering- und Durchschnittsverdiener zu finanzieren, wollen die Sozialdemokraten konsequent gegen Steuerbetrug und Steuervermeidung vorgehen. Daraus erwarten sich die Finanzexperten der Partei Mehreinnahmen von mindestens zehn Milliarden Euro. Weitere Zuflüsse könnten aus einer Reform des Ehegattensplittings erwachsen. Danach sollen alle Haushalte mit Kindern in den Genuss von steuerlichen Vergünstigungen kommen. Die Parteikommission begründet das damit, dass die bisherige Form der Zusammenveranlagung von Ehepartnern oder Lebensgemeinschaften (Ehegattensplitting) an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht. Denn über 40 Prozent der Kinder wachsen nicht mehr in klassischen Familien auf.

Neben der Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen möchte die Partei deutlich mehr als bisher in Wachstum, Bildung, Wohnungsbau, ein besseres städtisches Umfeld, Infrastruktur, Digitalisierung sowie die innere und soziale Sicherheit investieren. Dabei will die SPD eine Überschuldung vermeiden. Die Kosten des Gemeinwesens, wie es in der Kommission heißt, sollen entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bürger getragen werden.

Die Kommission hat schon einmal durchrechnen lassen, wer von der Steuerreform profitieren würde. Am stärksten kämen die Pläne etwa einer alleinerziehenden Mutter mit einem Kind und einem Bruttoeinkommen von 25.000 Euro pro Jahr zugute. Sie würde monatlich gut 65 Euro, jährlich also 800 Euro oder 30 Prozent ihres bisherigen Steuerbetrags sparen. Ein verheirateter Altenpfleger (30.000 Euro) und eine Teilzeit-Verkäuferin mit zwei Kindern und einem Haushaltsbrutto von 50.000 Euro würde um 1500 Euro pro Jahr oder 25 Prozent des Steuerbetrags entlastet. Ein mit einer Friseurin (18.000 Euro) verheirateter Dachdecker (32.000 Euro) ohne Kinder würde jährlich 1100 Euro oder knapp 20 Prozent seiner Steuern sparen. Wenig entlastet würde dagegen ein Akademikerpaar mit einem gemeinsamen Einkommen von 100.000 Euro und zwei Kindern. Dieses Paar (er: 60.000 Euro, sie: 40.000 Euro) würden noch knapp 450 Euro jährlich sparen. Hier würden das Familiensplitting und der Kinderbonus wirken. Ein Top-Einkommensbezieher (300.000 Euro) müsste dagegen 4400 Euro jährlich mehr zahlen. Das wären bis zu fünf Prozent mehr Steuern.

(kes)
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