Konflikte zwischen Union und SPD SPD pocht auf Soli-Abschaffung ab Juli

Berlin · Im Koalitionsausschuss am Sonntagabend will SPD-Chef Norbert Walter-Borjans mit der Union ein schnelleres Ende für den Soli, den Schuldenschnitt für Kommunen und mehr Investitionen beschließen. Die Verhandlungen laufen zäh.

 Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD.

Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD.

Foto: AFP/ODD ANDERSEN

Vor dem Treffen der Koalitionsspitzen von Union und SPD am Sonntagabend im Kanzleramt hat SPD-Parteichef Norbert Walter-Borjans auf die Lösung mehrerer Streitfragen gedrungen, um die staatlichen Investitionen zu erhöhen. „Der Bedarf für Schulen, Mobilität, Digitalisierung und Klimaschutz liegt bei mindestens 450 Milliarden in den nächsten zehn Jahren“, sagte Walter-Borjans. Die SPD habe für die zusätzlich benötigten Investitionen ein sehr klares Konzept, „bei der Union kann ich bisher keins erkennen“, so der Parteivorsitzende.

Während die Union Unternehmen über geringere Steuern entlasten will, setzt die SPD auf andere Anreize, um die Wirtschaft auch angesichts konjunktureller Risiken durch die Ausbreitung des Coronavirus zu stabilisieren. „Eine pauschale Senkung der Unternehmenssteuern ist mit uns nicht zu machen, zur Bewältigung der Corona-Folgen wäre sie auch schlicht unsinnig“, sagte Walter-Borjans. Die SPD sei offen dafür, die Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften neu und einheitlicher zu regeln. „Zugleich pochen wir darauf, den Solidaritätszuschlag schon ab 1. Juli für über 80 Prozent der Steuerzahler abzuschaffen.“ Das Geld dafür sei da. „Ein früheres Soli-Ende hätte angesichts der konjunkturellen Gefahren durch das Coronavirus eine positive Wirkung“, sagte Walter-Borjans. „Da müssen CDU und CSU Vernunft walten lassen und mitziehen.“ Der SPD-Chef begrüßte vor diesem Hintergrund auch noch einmal die Vorschläge von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), das Kurzarbeitergeld auszuweiten.

 Besonders kontrovers dürften die Vertreter von Union und SPD aber die Frage diskutieren, ob rund 2500 Kommunen mit hoher Schuldenlast von ihren Altschulden befreit werden sollen, um nicht nur Forderungen der Banken bedienen zu müssen sondern künftig wieder investieren zu können. Einen entsprechenden Plan verfolgt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), bekommt aber insbesondere von Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder sowie von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus Gegenwind. Walter-Borjans erhöht nun den Druck, zumal die SPD-Mitglieder von ihm und der Ko-Vorsitzenden Saskia Esken Fortschritte beim Thema Investitionen fordern. „Ich erwarte, dass wir bei der Altschuldentilgung am Sonntagabend einen Lösungsweg finden“, sagte Walter-Borjans. Zwar würden die Niedrigzinsen etwas Druck aus dem Kessel der Kommunen nehmen, die ständig auf Kassenkredite angewiesen sind. „Aber sie verhindern trotzdem die notwendige massive Steigerung kommunaler Investitionen. CDU und CSU müssen endlich verstehen, dass der Altschuldenschnitt das richtige Instrument ist“, sagte Walter-Borjans.

Neben den Themen Investitionen und Ausbreitung des Coronavirus werden die Koalitionsspitzen auch die Lage in Griechenland und die Verteilung von Flüchtlingen besprechen. „Die Koalition ist sich ihrer Verantwortung in der aktuellen humanitären Katastrophe an der türkischen Grenze bewusst. Dass es in so akuten Fällen keine spontane gesamteuropäische Lösung gibt, ist beschämend“, sagte Walter-Borjans. Deutschland müsse ein Kontingent unbegleiteter Jugendlicher aufnehmen. Er begrüßte, dass es einige EU-Staaten auch so sehen würden, mahnte jedoch: „EU-Mitglieder, die sich dieser Solidarität verweigern und nur die Vorteile der Europäischen Union genießen wollen, sollten mit einer Kürzung der EU-Mittel rechnen müssen.“

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