Berlin SPD fordert Rücktritt von Merkel-Staatsminister

Berlin · In der CDU wird dem künftigen Daimler-Lobbyisten "Fahnenflucht" vorgeworfen – aber die Kanzlerin verteidigt ihn.

Der angekündigte Wechsel von Kanzleramts-Staatsminister Eckhart von Klaeden zum Autokonzern Daimler-Benz führte gestern zu einer scharfen Kontroverse in Berlin. SPD, Grüne und Linkspartei forderten wegen des Verdachts der Interessensverquickung die sofortige Entlassung des Staatsministers, der für die Kontakte zum Bundestag und zu den Bundesländern zuständig ist.

Kanzlerin Angela Merkel wies Kritik zurück. Sie verwies darauf, dass es zu Zeiten der großen Koalition 2008 bereits mit Hildegard Müller (CDU) den Wechsel einer Staatsministerin direkt zum Verband der Energiewirtschaft gegeben habe. "Damals saß die SPD mit am Regierungstisch und hat in keiner Weise irgendetwas anstößig dabei gefunden", sagte Merkel. Beide Fälle seien vergleichbar. "Das was damals galt, sollte auch heute gelten."

Zumindestens indiekt machte Merkel dabei klar, dass sie keineswegs einen vorzeitigen Rückzug ihres Parteifreundes will: "Er hat hier eine sehr gute Arbeit geleistet und wird das auch weiter tun."

Die Opposition drängt auf einen Rückzug des 47-jährigen CDU-Mannes: Wer ein Regierungsamt habe, dürfe wegen möglicher Interessenskollisionen nicht gleichzeitig Arbeitsverträge mit der Industrie unterschreiben, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Beim Wechsel von einem Regierungsamt in die Wirtschaft muss ausgeschlossen sein, dass die neue Stelle ein Dankeschön für politisches Handeln im Amt ist oder man Amtswissen einkaufen will", sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. "Karenzzeiten gebe es bereits für politische Beamte und auch für EU-Kommissionsmitglieder. "Nur die Bundesregierung nimmt sich davon aus."

Und auch in der CDU hielt sich die Begeisterung in Grenzen: Über Klaeden lästerten Parteifreunde, er begehe nun "Fahnenflucht."

Dabei sind viele Politiker in den letzten Jahren in die Wirtschaft gegangen. Ex-Wirtschaftsminister Werner Müller wurde erfolgreicher Chef von Evonik – er hatte allerdings schon früher Erfahrung als Industriemanager. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde Aufsichtsratschef einer Pipelinefirma, die wiederum vom russischen Erdgasriesen Gasprom kontrolliert wird – ein äußerst umstrittener Wechsel.

Wie man es richtig macht, demonstrierte Roland Koch: Der CDU-Mann gab im Mai 2010 sein Amt als hessischer Ministerpräsident auf und wurde erst ein Jahr später Vorstandschef des Baukonzerns Bilfinger.

(RP)
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