Athen SPD-Experte: Athen müsste alle Beamten austauschen

Athen · Johannes Kahrs hat in Athen mit 20 Menschen gesprochen, einige waren Spitzenökonomen, andere Parlamentarier, wieder andere vertraten den Internationalen Währungsfonds (IWF). "Es geht bei dieser Krise sehr stark um das psychologische Moment: Die Griechen sehen sich gedemütigt und in Europa abgewertet. Sie sind völlig deprimiert, aber auch beleidigt", sagt der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und fordert. "Wir alle in Europa müssen behutsamer miteinander umgehen. Die neue griechische Regierung und ihre Wähler brauchen noch Zeit, um einzusehen, dass sie den Reformprozess fortsetzen müssen, um aus der Krise zu kommen."

Zeit, die Griechenland wahrscheinlich gar nicht mehr hat. Bis Ende April müssen Daten über die Haushaltslage und realistische, umsetzbare Reformpläne vorliegen. Was die "technischen Teams" der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des IWF bisher sahen, genügte nicht den Anforderungen, wie Kahrs erfuhr. Zusammen mit Fraktionsvize Carsten Schneider war er in Athen auf Völkerverständigungs-Mission. Im griechischen Parlament hätten sie Vertreter aller Parteien aus dem Haushaltsausschuss getroffen. Die Syriza-Vertreter hätten erklärt, sie seien von ihren Wählern beauftragt worden, die falsche Politik der Troika zu beenden. Daraufhin hätten die beiden SPD-Abgeordneten erwidert, auch sie seien ihren Wählern etwas schuldig: Ihre Wähler wollten nicht, dass deutsches Steuerzahler-Geld in Griechenland verbrannt werde. "Die griechischen Kollegen haben zum ersten Mal realisiert, dass nicht nur sie Wahlversprechen umsetzen müssen", sagt Kahrs.

Nur Sparen hilft in Griechenland nach Einschätzung der SPD-Politiker nicht. "Es geht nicht darum, noch mehr Ausgaben zu kürzen oder Löhne zu kappen", sagt Schneider, "gespart wurde genug, jetzt müssen institutionelle Reformen umgesetzt werden." Mehr Wachstum werde es nur geben, wenn die Behörden konsequent umgebaut würden. Im Grunde müsse der Beamtenapparat einmal komplett ausgetauscht werden, meint Schneider. Korruption und Steuerhinterziehung müssten bekämpft, das Rechtssytem modernisiert und Bürokratie abgebaut werden. Das alles werde Jahre benötigen, aber es habe im vergangenen Jahr immerhin schon einen Hoffnungsschimmer gegeben. Das Wachstum war zaghaft zurückgekehrt, nachdem die frühere Regierung einige Reformen bei Steuern und am Arbeitsmarkt umgesetzt hatte. Der Wahlkampf und die Neuwahlen im Januar hätten die gute Entwicklung aber wieder zunichte gemacht.

(RP)
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