Bundesfinanzhof weist Klage ab Die Folgen der Soli-Entscheidung für Steuerzahler

Düsseldorf · Der Bundesfinanzhof weist die Klage gegen den Solidaritätszuschlag ab, dieser sei nicht verfassungswidrig, entschied das Gericht am Montag. Was die Entscheidung für Steuerzahler und Ampel bedeutet.

 Besserverdiener müssen den Soli noch zahlen.

Besserverdiener müssen den Soli noch zahlen.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Er ist zum Zankapfel der Ampel und in der Gesellschaft geworden: der Solidaritätszuschlag (Soli) auf die Einkommensteuer. Nun entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München, dass dieser nicht gegen die Verfassung verstößt und weiter erhoben werden kann.

Wie begründen die Kläger ihre Klage? Geklagt hatte ein Ehepaar aus dem bayerischen Aschaffenburg mit Unterstützung des Bunds der Steuerzahler. Ursprünglich war der Soli eingeführt worden, um nach dem Fall der Mauer den Aufbau Ostdeutschlands zu finanzieren. Aus der befristeten Hilfe wurde eine Dauerhilfe. Da aber Ende 2019 der Solidarpakt II zur Unterstützung der ostdeutschen Länder auslief, sei die Hilfe für den Osten beendet, so die Kläger. Sie klagen daher gegen die Festsetzung des Soli für das Jahr 2020. Außerdem sehen sie einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz im Grundgesetz, weil seit 2021 nur noch Besserverdiener den Soli zahlen müssen.

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Wie begründen die Richter ihre Entscheidung? Der Zuschlag zur Einkommensteuer sei noch vom Grundgesetz gedeckt, so das Gericht. Der Bund habe schlüssig dargelegt, dass die Wiedervereinigung weiter erhöhten Finanzbedarf verursache, auch wenn die früheren Solidarpakte zur Finanzierung der Einheitslasten ausgelaufen seien. Bloße Zweifel reichten nicht aus, um den Soli dem Verfassungsgericht vorzulegen, sagte BFH-Präsident Hans-Josef Thesling. Eine Ergänzungsabgabe müsse auch nicht von vornherein befristet sein.

Wie geht es weiter? Es bleibt alles, wie es ist. Mit einer anderen Entscheidung des Bundesfinanzhofs wäre das Thema an das Bundesverfassungsgericht gegangen. Dann hätten die Karlsruher Richter entscheiden müssen, ob der Soli verfassungswidrig ist. Doch vom Tisch ist das Thema noch nicht. In Karlsruhe hängen weitere Verfahren an. „Ich hätte mir eine andere Entscheidung gewünscht, aber nun haben wir Klarheit. Den Soli müssen Einkommensteuerzahler ab zirka 65.000 Euro weiterhin zahlen, aber eben auch viele Betriebe und Sparer“, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bunds der Steuerzahler, unserer Redaktion. Doch das Thema sei nicht vom Tisch: „Der BFH hat betont, der `Aufbau Ost´ sei zwar eine Generationenaufgabe, aber nach 30 Jahren sollte mit dem Soli dann auch Schluss sein. Damit bleibt die Frage der Abschaffung auf der politischen Tagesordnung, denn rechnerisch müsste der Soli 2025 demnach endlich Geschichte sein“, so Holznagel weiter. „Juristisch ist ebenfalls noch nicht das letzte Wort gesprochen worden, denn es gibt bereits Beschwerden, die beim Bundesverfassungsgericht liegen.“

Wie sind die Reaktionen? Die FDP ist enttäuscht, SPD und Grüne sind erfreut. „Aus meiner Sicht würde die Abschaffung unsere globale Wettbewerbsfähigkeit stärken“, twitterte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Dazu gebe es aber in der Koalition unterschiedliche Positionen. Lindner hatte den Soli vor dem Gericht in München - anders als sonst für Finanzminister üblich - auch schon nicht verteidigt. Dagegen begrüßte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Entscheidung: „Wir begrüßen diese Entscheidung, zumal damit unterstrichen wird, dass Vermögende weiterhin mehr zum Gemeinwesen beitragen. Gerade angesichts der aktuellen Krisensituation ist dies auch notwendig“, sagte DGB-Vorstand Stefan Körzell unserer Redaktion. Als die Abschaffung des Soli ab 2021 für 90 Prozent der Bevölkerung beschlossen wurde, hatte der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) erklärt: „Die wenigen auch nach Auslaufen des Solidarpaktes zum Jahresende verbleibenden Kosten werden zukünftig von denen geschultert, die mehr haben, als andere. Das ist fair und wird auch einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten.“ Das hat der BFH nun bestätigt.

Wer muss den Soli überhaupt noch zahlen? Der Soli ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer und trifft natürliche Personen und Unternehmen. Neunzig Prozent der Steuerzahler müssen den Soli inzwischen nicht mehr zahlen. Die oberen zehn Prozent der Einkommen müssen dagegen den Zuschlag tragen. Das sind noch etwa 2,5 Millionen Bürger.

Um wie viel Geld geht es? Der Solidaritätszuschlag wird seit 1. Januar 2021 erst erhoben, wenn die Einkommensteuer mehr als 16.956 Euro im Jahr oder bei Zusammenveranlagung eines Paares mehr als 33.912 Euro im Jahr beträgt. Die Einnahmen des Bundes aus dem Soli beliefen sich laut BFH auf zuletzt elf Milliarden Euro im Jahr. Das Geld aus dieser Ergänzungsabgabe steht laut Artikel 106 des Grundgesetzes alleine dem Bund zu. Daher mussten die Länder über den Bundesrat seiner Einführung auch nicht zustimmen.

Wie geht es mit der Steuer weiter? Der DGB fordert, nun weiterzugehen und eine Vermögensteuer einzuführen: „Es muss jetzt um eine stärkere Beteiligung von Reichen und Superreichen gehen, etwa durch eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und eine Sonderabgabe auf besonders große Vermögen“, sagte Körzell. Der Wirtschaftsweise Martin Werding regt hingegen an, aus dem Soli nun einen befristeten Energie-Soli zu machen: „Aus ökonomischer Sicht ist die jetzige Situation unbefriedigend. Zwar kann es bei Steuern keine harte Zweckbindung geben. Aber dass der Soli immer noch existiert, untergräbt die Glaubwürdigkeit der Steuerpolitik auf breiterer Basis. Wenn die Politik in den letzten Krisenjahren noch nicht ganz darauf verzichten wollte, könnte sie jetzt einen Energie-Soli daraus machen, der dann aber mit den Staatshilfen nach dem nächsten Winter definitiv verschwinden sollte“, sagte Werding, der Professor an der Ruhr-Universrität Bochum ist, unserer Redaktion. Er betonte weiter: „Wer für den Bundeshaushalt dauerhaft mit diesen Einnahmen planen möchte, sollte das ehrlich aussprechen. Dann gehören Vorschläge auf den Tisch, wie der reguläre Einkommensteuertarif angepasst und wohl auch die Verteilung des Aufkommens auf Bund und Länder neu geregelt werden soll.“

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