Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung So ungleich ist Vermögen in Deutschland verteilt

Berlin · Nirgendwo in Europa sind Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Immerhin nahm die Ungleichheit seit 2002 nicht zu, zeigt eine Studie. Westdeutsche haben doppelt so viel wie Ostdeutsche, Männer ein Drittel mehr als Frauen.

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Foto: dpa, Patrick Pleul

Trotz der Rekordbeschäftigung und guter Konjunktur bleibt die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland groß: An der enormen Ungleichverteilung der Vermögen habe sich zwischen 2002 und 2012 kaum etwas geändert, lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

"Die Ungleichheit verharrt auf hohem Niveau", resümierte DIW-Forscher Markus Grabka gestern in Berlin. Gemessen wird die Ungleichheit mit Hilfe des so genannten Gini-Koeffizienten. Ein Wert von eins bedeutet dabei maximale Ungleichheit, bei null ist sie minimal. Deutschland lag 2012 bei einem Wert von 0,78. Einen höheren Wert hatte kein anderes Land in der Euro-Zone — aber die USA oder China haben viel höhere Ungleichheit.

Das Berliner Institut verfügt über eine einzigartige Datensammlung, das sozio-ökonomische Panel. Es ermöglicht auf der Basis regelmäßiger Umfragen bei etwa 20 000 Bürgern einen tiefen Einblick in die Vermögensverhältnisse der Deutschen.

Das reichste Prozent der Bevölkerung besaß demnach 2012 pro Kopf mindestens 817. 000 Euro, die reichsten zehn Prozent mindestens 217 000 Euro. Dagegen verfügte ein Fünftel der Bürger über gar kein Vermögen. Im Durchschnitt kam jeder Bundesbürger auf etwa 83.000 Euro Ersparnis — allerdings besaßen die Westdeutschen etwa doppelt so viel wie die Ostdeutschen. Männer kamen im Schnitt auf ein Privatvermögen von 97.000 Euro — sie waren damit um ein Drittel oder 27.000 Euro reicher als die Durchschnittsfrau. Die reichsten Deutschen sind verwitwete ältere Männer.

Das Nettovermögen der Bürger summierte sich 2012 auf rund 6,3 Billionen Euro. Der größte Teil davon entfiel mit 5,1 Billionen Euro auf den Grund- und Immobilienbesitz. 40 Prozent der Bürger bewohnten eine eigene Immobilie, zehn Prozent besaßen weitere Grundstücke, Ferienwohnungen oder betriebliche Immobilien. Knapp jeder Zweite verfügte über Geldvermögen. Durchschnittlich lag es bei 29 000 Euro. Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent der Bürger hätten private Lebensversicherungen oder Bausparverträge abgeschlossen, deren Durchschnittswert lag aber nur bei 18 000 Euro, so das DIW.

Die Zahl der Menschen mit Sparverträgen nehme demnach zu, weil mehr Bürger fürs Alter vorsorgten, allerdings seien die angesparten Summen sehr gering. "Die Regierung sollte noch mehr Anreize zur privaten Altersvorsorge schaffen", riet Grabka. Problematisch sei zudem, dass gleichzeitig immer mehr Bürger Konsumentenkredite aufnähmen. Die private Verschuldung habe signifikant zugenommen.

Arbeitslose hätten im Vergleich zu 2002 deutlich an Vermögen verloren. 66 Prozent unter ihnen verfügten über gar keine Ersparnisse. Der DIW-Forscher erklärte das damit, dass sich die Struktur der Arbeitslosigkeit in den zehn Jahren bis 2012 verändert habe: Heute sei der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Erwerbslosen viel höher. Nach den Hartz-IV-Regeln müssen sie ihr Vermögen zunächst verbrauchen.

Bei den Umfragen könnten Milliardäre und Multi-Millionäre nicht mit erfasst werden, sagte Grabka. Es sei daher gut möglich, dass die Vermögensungleichheit tatsächlich noch größer sei, als in der Studie abgebildet. Die Kapitalverluste während der Finanzkrise von 2009/2010 seien heute längst wettgemacht.

Das Berliner Institut plädiert für eine höhere Vermögensbesteuerung, um die Ungleichheit abzubauen und staatliche Einnahmen zu verbessern. "In Deutschland ist der Anteil der Vermögensbesteuerung am gesamten Steueraufkommen ausgesprochen gering", sagte Grabka. Die Bundesrepublik liege hier im internationalen Vergleich am unteren Ende.

(mar)
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