Brüssel So soll die Finanztransaktionssteuer funktionieren

Brüssel · Die EU-Kommission präsentiert Details der Steuer, die 2014 in elf EU-Ländern starten soll. Die Banken protestieren.

Deutschland und zehn weitere EU-Länder wollen eine Steuer auf Wertpapiergeschäfte einführen. Die Abgabe soll Finanz-Spekulationen eindämmen und die Geldwirtschaft an den Kosten der Krise beteiligen. Die EU-Kommission hat Details für die Ausgestaltung vorgestellt. Die Steuer sei "fair und sachlich ausgereift", so der zuständige Kommissar Algirdas Emeta. Die deutsche Wirtschaft und die Banken laufen Sturm.

Wer führt die Steuer ein?

Zunächst erheben Deutschland, Frankreich, Belgien, Estland, Griechenland, Spanien, Italien, Österreich, Portugal, Slowenien und die Slowakei die Steuer. Diese Länder machen zwei Drittel der EU-Wirtschaftsleistung aus. Andere können sich anschließen. Eine Abgabe für alle 27 Mitgliedsstaaten scheiterte an Großbritannien und Schweden.

Wie funktioniert die Abgabe?

Auf Geschäfte mit Aktien und Anleihen wird eine Mindest-Abgabe von 0,1 Prozent fällig. Der Satz für den Handel mit Derivaten soll bei 0,01 Prozent liegen.

Wer ist betroffen?

Die Abgabe zielt auf Banken, Versicherer und Fonds. Produkte wie Versicherungsverträge, Hypotheken, Verbraucherkredite und Kreditkartenzahlungen werden an sich nicht erfasst. Dennoch zahlen auch Private. So kann eine Bank beim Kauf von Aktien in Höhe von 10 000 Euro die Steuer von zehn Euro auf den Kunden abwälzen.

Könnte Geschäft abwandern?

Dies soll durch Sonderregeln verhindert werden. Besteuert werden Finanzgeschäfte, die von Bürgern, Banken oder Unternehmen mit Sitz in den elf Teilnehmerstaaten in Auftrag gegeben werden – egal, wo das Geschäft am Ende stattfindet ("Ansässigkeitsprinzip"). Handelt also eine britische Bank im Auftrag von VW Aktien in London, würde die Steuer fällig – und von Deutschland erhoben. Zudem soll die Steuer auch auf alle Produkte fällig werden, die in einem der teilnehmenden Staaten herausgeben wurden - unabhängig vom Handelsplatz oder dem Sitz von Käufer und Verkäufer. Gibt also ein Händler in Singapur eine deutsche Staatsanleihe an einen Käufer aus den USA weiter, wird die Steuer fällig. Die Emission von Staatsanleihen bleibt steuerfrei.

Wie hoch sind die Einnahmen?

Die EU-Kommission rechnet mit 30 bis 35 Milliarden Euro im Jahr.

Ab wann gilt die Steuer?

Die EU-Kommission strebt eine Einführung zum 1. Januar 2014 an. Die elf Teilnehmer-Staaten müssen die Einzelheiten einstimmig beschließen und die Pläne in nationales Recht umsetzen. Wirtschaft und Banken warnen vor den Risiken.

Wie groß sind die Risiken?

Laut EU-Kommission hat die Steuer keine negativen Effekte auf Wachstum und Jobs. Auf lange Sicht bedeute sie zwar ein Minus von 0,28 Prozent für das Bruttoinlandsprodukt der Gemeinschaft. Rechne man allerdings den Effekt der Einnahmen dagegen, stehe am Ende ein Plus von 0,2 Prozent.

Was monieren die Kritiker?

Kritiker bemängeln, viele Fragen seien noch offen – etwa die technische Umsetzung oder das Problem der Doppelbesteuerung, falls schon eine nationale Abgabe existiert. Der Präsident des Sparkassenverbands, Georg Fahrenschon, hält den Alleingang weniger Staaten für falsch. Dies werde die Wettbewerbsfähigkeit erheblich beschädigen.

(RP)
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