Düsseldorf So sehen Spitzenkräfte die Digitalisierung

Düsseldorf · In einem neuen Buch erzählen 31 Lenker aus Politik und Wirtschaft, wie sie den digitalen Wandel angehen wollen.

Als Markus Klimmer und Jürgen Selonke im ersten Halbjahr 2015 die Arbeit an ihrem Buch über die Digitalisierung begannen, wollten sie gerne mit den Chefs großer Unternehmen über deren Erfahrungen reden. Immer wieder bekamen sie eine Antwort: Sprechen sie doch bitte mit dem IT-Vorstand. "Das war kein Abwimmeln, sondern die ehrlich gemeinte Antwort: Digitalisierung ist ein IT-Thema, dafür gibt es eine zuständige Abteilung", heißt es in "#DigitalLeadership".

Es ist im Grunde ein Armutszeugnis für eine der größten Industrienationen der Welt, die im Internetzeitalter in vielen Bereichen den Anschluss zu verlieren droht.

Glücklicherweise ist das Buch an dieser Stelle noch nicht zu Ende -denn im Laufe der Zeit änderten sich die Antworten. Ende 2015 verwies niemand mehr an den IT-Chef, das Thema wurde Chefsache.

31 Spitzenkräfte haben die beiden Autoren interviewt: Es sind Lenker aus Politik und Wirtschaft, die Chefs von Telekom und Post zählen ebenso zu den Gesprächspartnern wie Gewerkschaftsführer oder die Leiterin der Sparkasse Krefeld, Birgit Roos.

Die Gesprächspartner kommen aus den unterschiedlichsten Richtungen - was nicht verwundert, wenn man die Vita der Autoren anschaut. Markus Klimmer ist einer, der viel rumgekommen ist. Aktuell ist er Managing Director bei der Digitalberatung Accenture, davor leitete er das Büro vom Konkurrenten McKinsey in Berlin und unterstützte 2009 den SPD-Bundestagswahlkampf von Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier mit Konzepten. Selonke wiederum arbeitet für das Deutsche Institut für Vertrauen und Sicherheit im Internet, eine Art Denkfabrik.

Auf 260 Seiten haben die beiden die Antworten der Spitzenkräfte auf die Frage zusammengetragen, wie die Digitalisierung aus ihrer Sicht die Gesellschaft verändert - und welche Antwort sie darauf haben. "Das Thema Digitalisierung muss von den Unternehmen ganzheitlich angegangen werden. Das geht weit über neue Geschäftsmodelle hinaus", sagt beispielsweise Telekom-Chef Tim Höttges. Interessant ist auch, wie aktiv die Gewerkschaften ihre Rolle in diesem Veränderungsprozess definieren. Weil man früh angefangen hat, sich Gedanken zu machen und gleichzeitig als Gewerkschaft bei vielen Unternehmen Einblick hat und so Erfahrungen sammeln kann, sind die Gewerkschaften inzwischen auch als Berater gefragt.

Nicht jeder Gedanke ist neu in dem Buch, aber der Querschnitt durch die Gesellschaft macht es dennoch spannend und interessant. Immerhin sprechen da diejenigen, die an vielen Stellen über die Zukunft Deutschlands mitentscheiden werden - es lohnt, genau hinzuhören.

Markus Klimmer und Jürgen Selonke: "#DigitalLeadership - Wie Top-Manager in Deutschland den Wandel gestalten" (Springer Gabler 2017) oder jetzt schon als E-Book.

(frin)
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