New York So funktionierte der Diesel-Betrug

New York · Wie VW die Behörden hinters Licht führte und wie der Schwindel aufflog.

Knapp eine Woche nach dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals bei VW in den USA herrscht immer noch Fassungslosigkeit über die Manipulationen. Fragen und Antworten zum Thema:

Was brachte der Schwindel VW?

Ohne das Defeat Device, die Manipulations-Software zur Deaktivierung der Abgasreinigung im Normalbetrieb, würden die betroffenen Diesel-Wagen in den USA nicht zugelassen, weil ihr Schadstoff-Ausstoß zu hoch wäre. Außerdem: "Die Leistung verringert sich, wenn die Abgasreinigung arbeitet", erklärt Anwalt Steve Berman, der eine Sammelklage gegen VW auf den Weg brachte. Es gibt auch Fahrer, die ihre Autos selbst durch den Ausbau der Gasreinigung zu mehr Spritzigkeit "tunen". Zudem kommt das Auto durch das Abschalten der Abgasreinigung mit weniger Benzin aus - ein Kaufanreiz. Der Schwindel machte es möglich, die Autos als "Clean-Diesel" mit geringem Schadstoffausstoß, niedrigem Verbrauch und hoher Leistung anzubieten.

Wie konnte das "Defeat Device" die Abgastests austricksen?

Experten glauben, dass die Software anhand von Steuerung und Gaspedal erkennen konnte, ob der Wagen auf dem Prüfstand oder der Straße war. Denn bei den offiziellen Emissionstests bewegten sich zwar die Räder, aber nicht das Lenkrad.

Glaubte VW wirklich, damit durchzukommen?

Offenbar. Ob sich die beteiligten Ingenieure des Risikos bewusst waren - Verstöße gegen das Klimaschutzgesetz können in den USA als Straftatbestand gewertet werden -, darüber kann nur spekuliert werden. Das VW-Management scheint die Ermittlungen aber lange auf die leichte Schulter genommen zu haben. Aus Dokumenten der kalifornischen Umweltschutzbehörde CARB geht hervor, dass VW bereits 2014 von Verdachtsfällen in Kenntnis gesetzt wurde. Später rief das Unternehmen freiwillig fast 500.000 Fahrzeuge zurück und glaubte, das Problem gelöst zu haben. Die Regulierer ließen jedoch nicht locker und stießen weiter auf Ungereimtheiten. Es gab laut CARB mehrere Treffen mit Konzernvertretern, in denen diese versuchten, die verdächtig hohen Abgaswerte auf technische Macken zu schieben. Erst nachdem die Umweltbehörde EPA gedroht hatte, die Zulassung neuer VW-Modelle zu verweigern, soll das Unternehmen am 3. September zugegeben haben, seit 2009 manipuliert zu haben.

Wieso flog das Ganze letztlich auf?

Durch einen Zufall. 2013 wurden Forscher vom International Council on Clean Transportation (ICCT) stutzig, weil die Messwerte von VW-Diesel-Autos in Europa bei Tests von denen im Normalbetrieb abwichen. Die Gruppe untersuchte danach gemeinsam mit Forschern der Universität von West Virginia einen Jetta und einen Passat von VW sowie einen BMW X5. Die Ergebnisse waren ein Schock: Der tatsächliche Abgasausstoß des Jetta lag im Normalbetrieb um das 15- bis 35-fache über dem US-Grenzwert, beim Passat um das fünf- bis 20-fache. Nur der BMW verhielt sich normal. Das brachte alles ins Rollen.

(dpa)
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