Berlin Gabriel ist unzufrieden mit der Wirtschaftsdynamik

Berlin · Der Minister findet, dass Deutschland wegen derzeit günstiger Bedingungen stärker als um 1,7 Prozent wachsen müsste.

Trotz guter Konjunkturaussichten ist Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) unzufrieden mit der Wachstumsdynamik der deutschen Wirtschaft. Angesichts des billigen Öls, des schwachen Euro und der Nullzinsen müsse die Wirtschaft eigentlich schneller wachsen als mit den von ihm prognostizierten 1,7 Prozent im laufenden Jahr. "Es geht uns gut in Deutschland, aber damit es so bleibt, müssen wir mehr investieren", sagte Gabriel gestern bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts der Regierung für 2016. Kommunen und mittelständische Unternehmen müssten in die Lage versetzt werden mehr zu investieren. Dazu plane die Regierung neue steuerliche Anreize und ein weiteres Gesetz zum Bürokratieabbau.

Nach Gabriels Prognose stützt vor allem die kräftige Inlandsnachfrage das Wachstum. Die verfügbaren Einkommen sollen um 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen, die Reallöhne um 2,5 Prozent. Der private Konsum expandiere kräftig wie im Vorjahr mit 1,9 Prozent. Nach einer Erhebung des Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK rechnen viele Verbraucher in den kommenden Monaten mit leicht sinkenden Einkommen. Das führe aber nicht dazu, dass sie größere Anschaffungen verschieben.

Die Zahl der Erwerbstätigen werde erneut steigen - um 380.000 auf 43,4 Millionen, sagte Gabriel. Wegen der hohen Zuwanderung werde die Zahl der Arbeitslosen geringfügig um 30.000 im Jahresdurchschnitt zunehmen. Die Arbeitslosenquote bleibe aber unverändert bei 6,4 Prozent.

Von den steigenden Staatsausgaben für Flüchtlinge rechnet die Regierung mit einem geringen Konjunkturimpuls. Die Kehrseite der Medaille: Aus der Rücklage des Bundes für die Bewältigung der Flüchtlingskrise wird ein "verstärkter Mittelabfluss" erwartet, "so dass sich der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo deutlich verschlechtert", so der Bericht.

Die Lage sei noch gut, aber er mache sich Sorgen, "ob wir mit Blick auf die nächsten zehn Jahre ausreichend gerüstet sind", sagte Gabriel. Deutschland lebe von der Substanz der Reformagenda 2010. Auch der Industrieverband BDI, der für 2016 mit einem Konjunkturplus von 1,9 Prozent rechnet, warnte, dass das Wachstum nicht nachhaltig sei.

Vor allem bei der Digitalisierung müsse man schneller vorankommen, sagte Gabriel. Er plane unter anderem eine Verschärfung der Fusionskontrolle für Internetunternehmen, um die Entstehung marktbeherrschender Stellungen zu verhindern, die den Wettbewerb beeinträchtigen. Die Reform ziele auf "Internetgiganten" wie Facebook, nicht auf kleine Start-Ups.

(mar)
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