München Siemens streicht Hunderte Stellen in Deutschland

München · Deutschlands wertvollster Konzern Siemens verdient prächtig, macht sich aber Sorgen um seine Gesundheitssparte und will in diesem Bereich allein in Deutschland mehrere hundert Stellen abbauen. Allerdings will der Konzern den Jobabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen bewältigen, wie Vorstandschef Peter Löscher gestern bei der Bilanzvorlage sagte.

Gleichzeitig setzt der Konzern erneut zur Rekordjagd an. Im abgelaufenen Geschäftsjahr, das am 30. September endete, hat Siemens den Umsatz des bisherigen Rekordjahres 2010 um sieben Prozent auf 73,5 Milliarden Euro gesteigert. Der Gewinn nach Steuern wuchs um 55 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro.

Von der aktuellen Hektik und dem Pessimismus der Kapitalmärkte ist bei Siemens nichts zu spüren. "Siemens hat den Vorteil großer Erfahrung im Umgang mit herausfordernden Situationen jeder Art", sagte Löscher mit Anspielung auf die über 160 Jahre lange Geschichte des Unternehmens. Mit Blick auf die Turbulenzen an den Finanzmärkten ergänzte er: "Siemens hat als führende Adresse der Realwirtschaft den Vorteil zweifelsfreier finanzwirtschaftlicher Unabhängigkeit, Solidität und Stärke: Siemens ist – nicht nur im sprichwörtlichen Sinn – eine sichere Bank!" Allein an liquiden Mitteln verfügt das Unternehmen über 12,5 Milliarden Euro.

Erfolgreich gewirtschaftet hat Siemens im vergangenen Jahr vor allem in seinen beiden klassischen Sektoren Industrie und Energie. Der Unternehmensbereich Industrie, zu dem Industrieautomatisierung, Antriebe und Bahntechnik gehören, setzte 2011 neun Prozent mehr um als im Vorjahr (insgesamt 32,9 Milliarden Euro). Der Auftragseingang wuchs um 24 Prozent auf 37,6 Milliarden Euro, nicht zuletzt dank des größten Auftrags der Unternehmensgeschichte in Höhe von 3,7 Milliarden Euro, den Siemens von der Deutschen Bahn für den Bau von Hochgeschwindigkeitszügen erhalten hat. Der Bereich Energie erhöhte seinen Umsatz um acht Prozent auf 27,6 Milliarden Euro, der Auftragseingang stieg um 15 Prozent auf 34,8 Milliarden Euro. Besonders die klassische Kraftwerkstechnik hat ein erfolgreiches Jahr absolviert; bei den erneuerbaren Energien läuft vor allem das Geschäft mit Windkraftanlagen gut, im Solargeschäft musste Siemens wegen Veränderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen und geringerer Förderung allein im vierten Quartal des Geschäftsjahres 231 Millionen Euro abschreiben.

Der Problemfall ist das Geschäft im Gesundheitssektor. Dort setzte Siemens 12,5 Milliarden Euro um und verdiente 1,3 Milliarden Euro. Speziell im Bereich Diagnostik laufen die Geschäfte nicht wie gewünscht. Im Bereich Strahlentherapie will sich das Unternehmen besser fokussieren. Hier sollen die Stellen gestrichen werden. "Allein in Deutschland haben wir 3500 offene Stellen. Wir werden jedem Betroffenen einen Arbeitsplatz anbieten können", sagte Löscher. Für das neue Geschäftsjahr ist er vorsichtig optimistisch. Löscher glaubt an moderates Wachstum. Wichtige Impulse kämen von den Schwellenländern, in denen Siemens mittlerweile ein Drittel seines Umsatzes erwirtschafte.

(RP)
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