London Shell zieht 12 Milliarden aus Europa ab

London · Die Euro-Schuldenkrise alarmiert Europas größten Ölkonzern Royal Dutch Shell: Das britisch-niederländische Unternehmen zieht Milliarden aus Europa ab und schafft das Geld lieber in die USA. Einen entsprechenden Bericht der Zeitung "The Times" bestätigte eine Sprecherin des Konzerns in London im Kern.

Insgesamt sollen Geldanlagen im Wert von bis zu 15 Milliarden US-Dollar (12,2 Mrd. Euro) geprüft werden – fast alle liquiden Reserven des Konzerns. Welcher Anteil davon tatsächlich aus Europa abgezogen werden soll, blieb zunächst unklar. Die "Times" zitiert Shell-Finanzvorstand Simon Henry mit den Worten: "Es gab ein Umdenken hinsichtlich unserer Bereitschaft, Kreditrisiken in Europa einzugehen. Die Krise hat unsere Bereitschaft beeinflusst, uns Guthaben zu leisten."

Dem Bericht zufolge soll das Geld vor allem von Banken südeuropäischer Länder abgezogen werden. Statt die Barreserven auf Konten in Europa zu deponieren, wolle Shell Geld in die USA weiterleiten, um dort etwa in US-Staatsanleihen oder Schatzbriefe zu investieren. Shell werde aber nicht seine gesamten liquiden Mittel aus Europa abziehen, sondern nur die Reserven. Es handele sich um übliche Veränderungen in der Anlagestrategie, behauptete eine Shell-Sprecherin.

Shell kämpft – wie alle anderen großen privaten Ölkonzerne – derzeit mit einem sinkenden Ölpreis wegen des weltweit gebremsten Wirtschaftswachstums. Die Hoffnung der Ölmultis auf höhere Ölpreise dürfte sich vorerst nicht erfüllen. "Wegen des konjunkturellen Abschwungs gehe ich davon aus, dass wir einen niedrigeren Ölpreis bekommen werden als in den vergangenen 18 Monaten", sagte Shell-Chef Peter Voser mit Blick auf die Preise im zweiten Halbjahr.

Der Konzern musste im zweiten Quartal ein Absacken des Gewinns im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 53 Prozent auf 4,1 Milliarden Dollar (3,3 Mrd Euro) hinnehmen. Der Trend trifft die gesamte Branche. BP machte im zweiten Quartal sogar Verluste. Der weltweit größte Konzern ExxonMobile musste sich mit Anteilsverkäufen in die Gewinnzone retten.

(RP)
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