Berlin/Düsseldorf Seehofer zettelt neuen Streit über Stromtrassen an

Berlin/Düsseldorf · Vor dem Treffen der Koalitionsspitzen zur Energiewende am Dienstag hat CSU-Chef Horst Seehofer für erheblichen Unmut in der Regierungskoalition gesorgt. Der bayerische Ministerpräsident stellte den für die Energiewende wichtigen und bereits von Bund und Ländern gebilligten Netzausbauplan wieder komplett infrage. "Wir sind im Moment an einer Wegscheide, wo wir wirklich nachdenken müssen über den nächsten Schritt der Energiewende", sagte Seehofer der "Süddeutschen Zeitung". Viele der im Netzausbauplan vorgesehenen neuen Stromleitungen seien nicht mehr notwendig. Seehofer will Bayern lieber mit neuen Gaskraftwerken versorgen, als große neue Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland zu bauen.

Damit rüttelt der CSU-Vorsitzende an einem Grundpfeiler der Energiewende: Der Bau von drei großen Stromtrassen von Nord nach Süd ist elementarer Bestandteil der Energiepolitik nach dem kompletten Atomausstieg im Jahr 2022, um den Windstrom von Nord- und Ostsee sowie aus Niedersachsen in die starken Wirtschaftszentren in Baden-Württemberg und Bayerns zu transportieren.

Seehofer will nun jedoch die zwei Trassen nach Bayern blockieren: eine 800 Kilometer lange Trasse von der Nordsee nach Grafenrheinfeld, die durch Nordrhein-Westfalen gehen wird, und die Leitung von Lauchstädt in Sachsen-Anhalt nach Augsburg. Über Letztere war die Bundesregierung mit Bayern bereits seit Monaten in Verhandlungen. Seehofer wähnte sich hier einer Einigung schon nahe.

NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) attackierte Seehofer scharf. "Herrn Seehofer muss jemand mal den Stecker ziehen. Eine deutsche Energiewende verträgt keine bayrischen Alleingänge", sagte Duin. Der Netzausbau sei die richtige Antwort für die Versorgungssicherheit im Land. "Es wird endlich Zeit, dass volkswirtschaftliche Vernunft die Energiewende gestaltet und nicht lokales oder ideologisches ,Wünsch Dir was'."

(mar)
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