Düsseldorf/Zürich Schweiz erzwingt Steuer-Selbstanzeigen

Düsseldorf/Zürich · Der NRW-Finanzminister will herausfinden, ob nun mögliche Steuersünder verfolgt werden müssen. Die Zahl der Selbstanzeigen bleibt hoch. Heute wird die Schweiz sich zur massenhaften Datenübergabe ab 2018 verpflichten.

Die Schweiz beugt sich zunehmend dem Druck aus den USA, Deutschland und der gesamten Europäischen Union, Steuersünder nicht mehr zu schützen. So interpretieren das NRW-Finanzministerium und renommierte Steuerexperten die Veröffentlichung von persönlichen Daten möglicher Steuersünder am Wochenende durch die Schweiz selbst. "Das ist schon eine bemerkenswerte Aktion", meint Marion Sangen-Emden, Steuerexpertin bei der international tätigen Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek aus Düsseldorf, "sie zeigt, dass die Schweiz immer enger mit ausländischen Behörden zusammenarbeitet".

Das NRW-Finanzministerium sieht sich gleichzeitig darin bestätigt, immer wieder Steuer-CDs von großen Geldhäusern in der Schweiz zu erwerben. Die nun veröffentlichten Informationen über mögliche deutsche Steuersünder in der Schweiz werden nun ausgewertet, obwohl sie ja überwiegend darauf beruhen müssen, dass deutsche Behörden sich nach Schweizer Konten von hiesigen Bürgern informierten. "Die Schweiz fragt ja nun als öffentliche Bekanntmachung, ob betroffene Personen einen Einwand dagegen haben, dass ihre Daten an andere Länder übergeben werden", erklärt Anwältin Sangen-Emden, "für die Betroffenen mag das sehr ärgerlich sein, für die Behörden ist das eine normale Amtshandlung, wenn die Anschriften der Betroffenen nicht bekannt sind."

Das nordrhein-westfälische Finanzministerium ergänzt: "Wir sammeln systematisch Daten von möglichen Steuerhinterziehern. Da sind auch diese im Internet publizierten Informationen möglicherweise teilweise hilfreich."

Dabei widersprechen sich die Informationen, ob Helvetia auch Daten zu Steuersündern herausrückt, denen Deutschland dank gekaufter Steuer CDS auf die Schliche kam. Offiziell lehnen die Eidgenossen eine solche Kooperation ab. In Wahrheit müssen aber die deutschen Fahnder nicht beim Ersuchen um Amtshilfe vollständig erläutern, wie sie einem Verdächtigen auf die Spur kamen. "Daten aus einer CD können uns auf eine erste Spur bringen", heißt es im Umfeld der Fahnder, "dann findet man weitere Hinweise bei einer Hausdurchsuchung, und dann kommen weitere Fragen".

Heute wird sich die Schweiz dann ganz vom Bankgeheimnis verabschieden. Jacques de Watteville, Staatssekretär der Eidgenossen für internationale Finanzfragen, wird in Brüssel einen Vertrag unterschreiben, demzufolge die EU und die Schweiz ab 2018 Daten von Bankkunden automatisch austauschen. "Die Schweizer Banken können nicht isoliert von der EU und den USA arbeiten", erläutert Anwältin Sangen-Emden, "also drängen sie ihre Kunden, fragwürdiges Geld jetzt reinzuwaschen".

Damit erklärt sich, warum die Zahl der Selbstanzeigen auch nach der Jahreswende hoch blieb, obwohl Steuerhinterzieher seit Januar mehr Geld an Nachzahlung überweisen müssen. Außerdem ist der Freibetrag für eine straffreie Steuerhinterziehung von 50 000 Euro auf 25 000 Euro gesunken.

Weil das Entdeckungsrisiko groß bleibt, verlieren laufend neue Steuerzahler die Nerven: Von Anfang Januar bis Anfang Mai gaben rund 2700 Bürger in NRW eine Selbstanzeige ab - mehr als noch in den ersten fünf Monaten 2014.

Das Problem der Steuerflucht wird dadurch keineswegs gelöst. So glauben Experten, dass in den vergangenen Jahren viele Milliarden Euro von der Schweiz aus in andere Steueroasen in der Karibik und nach Singapur transferiert wurden. Spezielle Täter haben kein Interesse an Steuerehrlichkeit, weil sie ihr Geld kriminellen Taten wie Korruption oder Drogenhandel verdanken.

(RP)
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