Düsseldorf Schwarzer-Peter-Spiel bei den Lokführern

Düsseldorf · Für gewöhnlich werden Tarifstreitigkeiten hinter verschlossenen Türen ausgetragen. Natürlich lassen sich vereinzelt Verhandlungsteilnehmer mit markigen Sprüchen in den Medien zitieren. Im Großen und Ganzen bleibt man aber unter sich. Umso überraschender, welchen öffentlichen Informationskrieg sich die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) nun liefern.

Den Auftakt bestritt am späten Montagabend die Gewerkschaft, indem sie eineinhalb Tage vor dem Auslaufen ihres Ultimatums ein mehrseitiges Schreiben an die Arbeitgeberseite öffentlich machte - gespickt mit zahlreichen Vorwürfen, darunter dem der Falschinformation. Die GDL versuchte zudem, den Arbeitgebern mit Hilfe einer Chronologie Wortbruch im Verhandlungsverlauf nachzuweisen. Zuguterletzt enthielt das Informationspaket ein detailliertes Verhandlungsprotokoll der jüngsten Gespräche, also eben jenes Dokument, das die Bahn nach dem Willen der GDL bis heute 11 Uhr unterzeichnen sollte. So wollte die Gewerkschaft die Bahn unter anderem dazu bringen, die Rangier-Lokführer wie die übrigen Lokführer zu bezahlen.

Derart in die Ecke gedrängt reagierte die Bahn ihrerseits und veröffentlichte gestern ein spitz formuliertes Antwortschreiben und ein eigenes Verhandlungsprotokoll, das in wesentlichen Punkten von dem Papier der GDL abweicht und nach Auffassung der Bahn "dem tatsächlichen Verhandlungsstand vom 11. Februar entspricht".

Dieses Schwarzer-Peter-Spiel, das eindrücklich die Kluft zwischen beiden Seiten belegt, dürfte für die Bahnkunden in den kommenden Tagen äußerst ungemütlich werden. "Der Arbeitskampf könnte rund 100 Stunden dauern, weil das Landesarbeitsgericht Hessen der GDL bereits 109 Stunden als recht- und verhältnismäßig bescheinigt hat", heißt es in dem GDL-Schreiben. Eine Sprecherin erklärte, heute würden zunächst noch der Hauptvorstand und die Tarifkommission tagen, dann werde entschieden. Man sei aber aus dem Stand heraus streikbereit. Sollte die Gewerkschaft ihre Drohung wahr machen, wären neben zahlreichen Pendlern und Wochenendreisenden auch Besucher der Fußball-Bundesliga-Spiele beispielsweise von Borussia Mönchengladbach in Hamburg und Dortmund in Stuttgart betroffen.

Das Spiel zwischen Lokführern und der Bahn dürfte sich übrigens noch sehr lange hinziehen. Denn über die eigentlichen Forderungen nach höheren Löhnen und kürzeren Wochenarbeitszeiten ist bisher noch überhaupt kein Wort verloren worden.

(RP)
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