Breite Zustimmung für das Rettungspaket Schwarz-Rot-Grün-Gelb für Zypern-Hilfe

Berlin · Alle Bundestagsfraktionen außer der Linken stimmen für das Rettungspaket, doch die Kanzlermehrheit wird verfehlt. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute loben die Beteiligung begüterter Kontoinhaber an den Rettungskosten.

So viel Einigkeit gab es in der Euro-Krise bisher nur selten: Bundesregierung, Opposition und Wirtschaftsforschungsinstitute begrüßten gestern den Weg, den die europäische Politik im Falle Zyperns eingeschlagen hat. Die Kosten der Bankenabwicklung dürften nicht mehr vor allem den Steuerzahlern, sondern zuerst den Eigentümern der Banken, ihren Gläubigern und notfalls auch den vermögenden Bankkunden aufgebürdet werden, waren sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), SPD, Grüne sowie die Spitzenökonomen einig.

Entsprechend groß fiel die Mehrheit für die Hilfe im Bundestag aus: Mit Ja stimmten 487 von 601 anwesenden Abgeordneten, 101 — darunter die komplette Linksfraktion — votierten mit Nein, 13 enthielten sich. Die Union zählte zehn Nein-Stimme, eine Enthaltung, die FDP acht Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Mit 303 Ja-Stimmen erreichte Schwarz-Gelb zwar eine Mehrheit für die Zypern-Hilfe, doch die symbolisch interessante Kanzlermehrheit wurde wie schon in früheren Abstimmungen zur Euro-Krise verfehlt — es gab also keine absolute Mehrheit aller Mandate.

Zypern benötigt nach den jüngsten Unterlagen der EU-Kommission 20,7 Milliarden Euro bis 2020, um der Staatspleite zu entgehen. Davon sollen neun Milliarden aus dem Rettungsschirm ESM fließen, eine weitere Milliarde kommt vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Die restlichen knapp elf Milliarden Euro muss Zypern selbst beisteuern.

Ein Großteil dieser Summe wird für die Bankenabwicklung benötigt. Da die beiden größten Banken, die Laiki Bank und die Bank of Cyprus, über zu wenig Eigenkapital und Forderungen verfügen, müssen bei der Bankenabwicklung erstmals in der Euro-Krise vermögende Bankkunden haften. Kunden mit ungesicherten Konten von über 100 000 Euro sollen bis zu 8,3 Milliarden Euro verlieren, so die Unterlagen.

Die Haftungsreihenfolge bei der Bankenrettung — zuerst die Eigentümer, dann die Gläubiger, dann die reichen Einleger und zuletzt die Steuerzahler — will die europäische Politik zur Regel machen: Die Reihenfolge wird Bestandteil der EU-Richtlinie zur Bankenrestrukturierung, die im Sommer 2013 beschlossen werden soll.

Auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute unterstützten in ihrem gestern veröffentlichten Frühjahrsgutachten den neu eingeschlagenen Kurs: "Es ist das richtige Vorgehen, die Einlagen unter 100 000 Euro zu schützen und die über 100 000 Euro heranzuziehen", sagte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen. Die Haftungsreihenfolge müsse auch künftig bei der Bankenabwicklung in anderen Ländern gelten. Insolvente Banken etwa in Spanien oder Slowenien müssten konsequent abgewickelt werden. Es dürfe nicht sein, dass so genannte "Altfälle" an insolventen Banken auf den Rettungsschirm ESM abgeschoben würden, den allein die Steuerzahler zu tragen hätten.

Die Institute rügten aber den "teilweise chaotischen Prozess", bis in Zypern feststand, dass Kleinsparer doch verschont blieben. "Dies sollte zum Anlass genommen werden, bald berechenbare und glaubwürdige Regeln für die Reaktion auf finanzielle Schieflagen bei Banken und auch bei Staaten in Kraft treten zu lassen", mahnten die Institute.

Sie forderten neben der einheitlichen Bankenaufsicht einen gemeinsamen Banken-Abwicklungsfonds, der aus Eigenmitteln der Geldinstitute gespeist werden solle. Dieser Fonds müsse strikt von der Aufsicht getrennt werden.

(mar)
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