Kolumne Kurt Von Storch Schuldenmachen könnte chic werden

Der künftige amerikanische Präsident will die Infrastruktur in den USA modernisieren. Bezahlen muss das die künftige Regierung über neue Kredite. Diese Pläne dürften nicht ohne Folgen bleiben - auch nicht für Deutschland.

Der 45. Präsident der USA heißt Donald Trump - entgegen den meisten Prognosen und Umfragen. Was könnte seine Präsidentschaft für Anleger längerfristig bedeuten? Die ersten Börsenreaktionen jedenfalls waren ziemlich unberechenbar. Ich würde davon ausgehen, dass die Kurse auch in den kommenden Monaten kräftig schwanken werden - je nachdem, was der designierte Präsident oder die Mitglieder seiner Regierung als ihre Politik präsentieren.

Wovon wir ausgehen können ist, dass Trump um jeden Preis erfolgreich sein will. Er ist Unternehmer, kein Politiker. Erfolg dürfte er deshalb vor allem als wirtschaftlichen Erfolg definieren. In der Vergangenheit hatte er mehrfach angekündigt, die marode Infrastruktur in den USA modernisieren und dafür kräftig investieren zu wollen. Bezahlen muss das die künftige Regierung über neue Schulden; Konjunkturprogramme gibt es nicht zum Nulltarif.

Die große Frage wird sein, ob der Kongress die möglichen Investitionspläne billigt. Zwar sitzen dort mehrheitlich Republikaner; dass Trump der Liebling seiner Partei ist, lässt sich aber nicht gerade behaupten. Vorsichtig ausgedrückt. Ob er so kann, wie er will, lässt sich deshalb - Stand heute - nicht so leicht beantworten. Trotzdem: Der Präsident Trump wird eher Investor als Sparkommissar sein.

Schuldenmachen könnte also wieder chic werden. Denn ohne neue Schulden wird Trump die meisten seiner Wahlversprechen nicht einlösen können. Keine neue Infrastruktur, keine Millionen neuer Arbeitsplätze, keine Steuererleichterungen und auch keine Investitionen in die Verteidigung des Landes. Er würde nicht in die Geschichtsbücher eingehen - zumindest nicht als derjenige, der, wie er selbst sagt, Amerika "wieder groß" gemacht hat. Sondern als der, der zwar unglaublich viel versprochen, aber kaum etwas davon gehalten hat. Als eine Enttäuschung. Das wird Trump mit aller Macht verhindern wollen.

Seine Pläne dürften nicht ohne Folgen bleiben. Wir können davon ausgehen, dass die Regierungen in Europa sehr genau schauen werden, wie expansiv Trumps Wirtschaftspolitik sein wird. In Italien, in Spanien und Frankreich. In Griechenland sowieso. Die zaghaften, von den wirtschaftlich starken Eurostaaten eingeforderten Sparversuche wären vergessen, sollte die Trump'sche "Investitionspolitik" erste Erfolge zeigen. Frei nach dem Motto: Geben wir das Geld (was wir nicht haben) besser aus, bevor es die anderen tun!

Auch Deutschland dürfte sich dem nicht entziehen können. Denn im Grunde lässt sich die Eurozone mit einer großen WG vergleichen. Alle machen Party, essen den Kühlschrank leer und räumen nicht auf. Alle, außer einem. Der ist der Dumme, der wieder Bier in den Kühlschrank packt und den Müll runter bringt. Und er ist der letzte, den sich der Vermieter greift, wenn er die Miete kassieren will. Glauben Sie, besagter WG-Bewohner wird auf immer der Dumme sein wollen? Wohl kaum. Es wäre nur vernünftig, das Gleiche zu tun, was alle anderen tun: nämlich Party machen, so lange es geht. Das Leben ist zu kurz und - aus der Politiker-Perspektive - die nächste Wahl so nah.

Für Sparer und Anleiheinvestoren könnten die Folgen schmerzhaft sein. Die Konjunkturprogramme dürften nicht nur das Wachstum anschieben, sondern auch die Inflation. Langlaufende, niedrig verzinsliche Anleihen sollte man dann besser nicht im Depot haben, erstklassige liquide Sachwerte schon.

DER AUTOR IST GRÜNDER UND VORSTAND DER FLOSSBACH VON STORCH AG

(RP)
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