Pofalla-Wechsel an die Konzernspitze Schlangengrube Deutsche Bahn

Berlin · Als Staatskonzern wird die Bahn immer wieder auch für politische Machtspiele missbraucht. Darunter leiden nicht nur die beteiligten Personen, sondern das schadet auch die Effizienz. Diesmal steht der Chef selbst im Fokus der Kabale.

Weil die Deutsche Bahn dem Staat gehört, ist die Besetzung ihrer Spitzenposten Politik. Dabei verbrannten sich schon viele Akteure die Finger. Beim Versuch, Ex-Kanzlerchef Roland Pofalla (CDU) in den Vorstand zu holen, gerät nun Bahn-Chef Rüdiger Grube in die Schusslinie. Er soll schon früh im Jahr 2013 mit Pofalla über einen Wechsel in den Logistik-Konzern gesprochen haben, heißt es in Berlin.

Davon habe er Bahn-Aufsichtsrats-Chef Utz-Hellmuth Felcht zunächst nichts gesagt. Denn zuvor musste Grube die Vertragsverlängerung eines anderen Vertrauten durchbekommen: Gerd Becht, Vorstand für Recht und Compliance. An diesem Posten hätte man auch den geplanten neuen Vorstands-Bereich für Politik aufhängen können. Dann wäre im Bahnvorstand aber kein Platz mehr für Pofalla gewesen.

Entsprechend sauer war Felcht, als er vor wenigen Tagen von Grubes Planspielen um Pofalla erfuhr. Grubes selbstherrliches Auftreten beantwortete Felcht mit dröhnendem Schweigen. Dienstag gaben beide eine gemeinsame Erklärung heraus, die den Zwist mehr bestätigte als dementierte: Selbstverständlich entscheide der Aufsichtsrat über organisatorische und personelle Veränderungen im Konzernvorstand. Man sei sich jedoch einig, "dass Vorschläge dazu natürlich vom Vorstandsvorsitzenden ausgehen".

Grube kämpft offenbar nicht nur gegen seinen Chef-Kontrolleur, sondern teilweise auch gegen seine Eigentümer. Im Vorfeld der Dezember-Aufsichtsratssitzung konterte die Bundesregierung seinen Ruf nach mehr Geld für die Sanierung der Bahn-Brücken zum Beispiel, indem sie ein Gegenpapier streute. Darin hieß es, nicht Geldmangel, sondern unternehmerische Fehlentscheidungen seien Ursache der maroden Infrastruktur. Im Gegenzug enthielt der Vorstand dem Aufsichtsrat die sonst übliche Fünf-Jahres-Planung vor. Die Aufsichtsräte, darunter drei Staatssekretäre, mussten sich auf der Dezember-Sitzung mit einer Zehn-Monats-Planung begnügen.

Sigmar Gabriel soll der Kanzlerin bereits Ende 2013 grünes Licht für einen Wechsel Pofallas zur Bahn gegeben haben. Quellen im Umfeld der Beteiligten behaupten, dass die SPD im Gegenzug den nächsten Aufsichtsratschef bestimmen darf. Ein Sprecher Gabriels dementierte dies. Gestern gab es dennoch ein Verwirrspiel um mögliche SPD-nahe Kandidaten für den Aufsichtsrat. Zweimal wurde der Name Großmann genannt: Jürgen Großmann, Manager und Unternehmer, der schon im Aufsichtsrat sitzt und ein Vertrauter des früheren SPD-Kanzlers Gerhard Schröder ist. Und Achim Großmann, von 1998 bis 2009 Parlamentarischer Staatssekretär im SPD-geführten Verkehrsministerium, der schon mehrfach für Bahn-Jobs im Gespräch war.

Auch Ex-Degussa-Chef Felcht selbst wurde 2010 erst nach wochenlangem Tauziehen an die Spitze des Kontrollgremiums berufen, nachdem andere prominente Kandidaten abgesagt hatten. Spötter meinten, Felcht habe das Amt nur seiner Leidenschaft für Modelleisenbahnen und seiner Verbundenheit mit dem damaligen Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zu verdanken. Nun aber ist Ramsauer nicht mehr Minister, und die SPD will bei dem Staatskonzern wieder mitreden. Felcht ist 66 Jahre alt.

Offen ist, wie der Machtkampf ausgeht. Am 30. Januar wird der Aufsichtsrat nur über Sachthemen beraten. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kommentiert die kolportierten Polit-Absprachen so: "Große Koalition steht offenbar für Große Mauschelei." FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki scherzt: "Ich hatte Montag während einer Bahnreise eine Stunde Verspätung. Vielleicht sollte man die zwei Millionen Euro für Herrn Pofalla anders einsetzen und mehr Mitarbeiter einstellen."

(anh/mar/maxi/qua/tor)
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