Berlin Schäuble weist Schuld für Steuerausfälle von sich

Berlin · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat Vorwürfe von Grünen und Linken zurückgewiesen, er habe Steuertricksereien von Banken und Kapitalanlegern mit Aktiengeschäften zu Lasten der Staatskasse zu spät und unzureichend gestoppt. Nach seinem Amtsantritt als Finanzminister am 28. Oktober 2009 habe er alles Notwendige unternommen, um den Missbrauch zu unterbinden, sagte Schäuble gestern vor einem Bundestags-Untersuchungsausschuss.

Der beschäftigt sich mit den umstrittenen "Cum-Ex"- und "Cum-Cum"-Geschäften, an denen viele deutsche Banken, etwa die Commerzbank und die Hypovereinsbank, beteiligt waren. Allein "Cum-Ex"-Deals sollen den Fiskus zwölf Milliarden Euro durch Steuerausfälle gekostet haben. Tatsächlich fielen die meisten Tricksereien in die Amtszeit von Schäubles Vorgänger, Ex-Minister Peer Steinbrück (SPD).

Bei "Cum-Ex"-Deals handelt es sich um Geschäfte rund um den Dividendenstichtag. Vor der Auszahlung notiert die Aktie höher als danach. Auf diesen Kursabschlag setzen die Banken, indem sie die Aktie an einem "Cum-Tag" leer verkaufen. Kurz nach dem Dividendenzahltermin, am "Ex-Tag", kaufen sie die Aktie zum erniedrigten Kurs zurück. Die Dividenden unterliegen aber der Kapitalertragsteuer. Der Aktionär erhält für die gezahlte Steuer eine Bescheinigung und damit einen Anspruch auf eine Steuergutschrift, denn positive Kapitalerträge können mit Verlusten verrechnet werden. Zu viel gezahlte Kapitalertragsteuern werden dann vom Finanzamt erstattet. Problem für den Fiskus: Bei "Cum-Ex"-Deals fallen rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer für kurze Zeit auseinander. Die Folge: Gleich zwei Aktionäre - nämlich der rechtmäßige Inhaber und der Käufer des Leerverkaufs - erhalten eine Steuergutschrift. "Cum-Cum"-Geschäfte funktionieren vom Prinzip her ähnlich, nur ist ein ausländischer Aktionär beteiligt.

"Cum-Ex"-Tricks wurden Anfang 2012 gestoppt. Das entsprechende Gesetz sei "ungewöhnlich schnell" umgesetzt worden, sagte Schäuble. Die Kritik der Opposition an ihm richtet sich auch mehr darauf, dass die "Cum-Cum"-Deals erst Anfang 2016 eingedämmt wurden. "Wir gehen davon aus, dass der Staat in den letzten fünf Jahren jährlich bis zu fünf Milliarden Euro verloren hat, und das liegt auch an Wolfgang Schäuble", sagte Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick dem "Stern".

(mar)
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