Russen verklagen RWE auf 675 Millionen Euro

Düsseldorf/Essen (RP) Beim Landgericht Essen ist einem Sprecher zufolge eine Schadenersatzklage in Höhe von knapp 675 Millionen Euro gegen den dortigen Energieriesen RWE und seinen Ende Juni scheidenden Chef Jürgen Großmann eingereicht worden. Die Klage sei bereits vor einiger Zeit von der Rustenburg Co Ltd vorgelegt worden, sagte der Sprecher gestern. Rustenburg ist eine Tochter des russischen Sintez-Konzerns.

Die Erwiderungsfrist für RWE laufe derzeit, sagte der Sprecher weiter. Insgesamt werde die Schadenersatzsumme in dem Schriftsatz mit 674.958.839,61 Euro beziffert. Zum Inhalt der Klage (Aktenzeichen 12 037/12) wollte sich der Sprecher nicht äußern. Der Münchener Anwalt Josef Nachmann, der den Kläger vertritt, lehnte ebenso wie RWE und Sintez eine Stellungnahme ab. Die "Wirtschaftswoche" hatte zuvor von der Klage berichtet, ebenso das "Manager Magazin."

Den Berichten zufolge soll Sintez-Eigner Leonid Lebedev bei mehreren Banken einen Milliardenkredit aufgenommen haben, um RWE 2008 beim geplanten Einstieg in den russischen Strommarkt behilflich zu sein. Der russische Energieriese RAO UES habe seinerzeit 45 Prozent seines nordrussischen Geschäfts mit sieben Millionen Kunden an RWE verkaufen wollen.

Bedingung des Geschäftes sei gewesen, dass RWE mit Sintez ein Gemeinschaftsunternehmen gründet. Lebedev berufe sich nach Angaben von Vermittlern auf Vorverträge und persönliche Zusagen von RWE und Jürgen Großmann.

Großmann habe zum Schaden der Russen jedoch später seine Pläne zum Einstieg in den russischen Markt aufgegeben.

Der Prozess könnte brisant werden. Denn in der Klageschrift scheint Lebedev aus internen Dokumenten von RWE zu zitieren. Darin bezeichnete der RWE-Chef die Russen nicht nur als "Steigbügelhalter" und "Handlanger". Großmann bat sogar seinen Duzfreund, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, um Unterstützung. Der "liebe Gerd" möge doch helfen, "sanften Druck auf Herrn Lebedew" auszuüben. Letztlich sei das eine Aufforderung gewesen, Präsident Wladimir Putin einzuschalten, schreiben Lebedews Anwälte in ihrer Klageschrift - ein Ansinnen, das in Russland zu kaum überschaubaren Konsequenzen führen kann.

Sintez hatte bereits vor vier Jahren bei einem Gericht in London eine Klage gegen RWE eingereicht. Damals hatten die Russen RWE auf die Zahlung von 1,4 Milliarden Dollar (etwa 1,1 Milliarden Euro) verklagt – anscheinend ohne Erfolg.

(RP)
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