Frankfurt/M. Welche Folgen der Preissturz beim Rohöl hat

Frankfurt/M. · Die Exporteure verlieren Einnahmen, die Ölkonzerne an Börsenwert. Dafür jubeln Importeure und Airlines.

Die Talfahrt des Ölpreises geht ungebremst weiter. Wegen eines weltweiten Überangebots bei gleichzeitig schwächelnder Nachfrage ist der Preis binnen eines halben Jahres um mehr als die Hälfte gesunken. Sowohl die weltweit richtungweisende Sorte Brent aus der Nordsee als auch das US-Öl WTI kosten weniger als 50 Dollar je Barrel ( 159 Liter). Das ist der niedrigste Stand seit etwa fünfeinhalb Jahren. Eine Entspannung der Lage ist bislang nicht in Sicht. Einer Prognose der Internationalen Energieagentur vom Dezember zufolge wird sich das Überangebot bis Juni auf zwei Millionen Barrel täglich vergrößern. Wer leidet unter dem niedrigen Ölpreis, und wer profitiert davon?

Förderländer

Sie gehören zu den Leidtragenden, weil der Ölexport ihre Haupteinnahme-Quelle ist. Besonders hart trifft es Russland, dessen Wirtschaft zusätzlich unter den Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts leidet. Der Moskauer Aktienmarkt und der Rubel brachen seit dem Sommer um etwa die Hälfte ein. Genauso betroffen sind Nigeria und Venezuela, bei dessen Staatsanleihen die Renditen doppelt so hoch sind wie im Sommer. Gleichzeitig stürzt die venezolanische Währung ab. Auf dem Schwarzmarkt kostet ein Dollar rund 175, offiziell nur 6,30 Bolivar. An den Börsen der Opec-Staaten Saudi-Arabien und Kuwait halten sich die Kursverluste in Grenzen, da beide Staaten Öl günstig fördern und noch Gewinn machen. Außerdem können sie Einnahme-Ausfälle mit ihren Finanzpolstern abfedern.

Ölkonzerne

Auf Unternehmensseite macht der Preisverfall Konzernen wie Exxon, BP & Co. zu schaffen. Die im europäischen Branchenindex gelisteten Öl-Aktien haben seit Jahresmitte zusammengerechnet mehr als 200 Milliarden Dollar Börsenwert verloren. Das entspricht der jährlichen Wirtschaftsleistung Portugals. Auch die Anleihen der Ölkonzerne verlieren rapide an Wert. In den USA brechen die Kurse jener Firmen ein, die mit Hilfe des technisch aufwendigen und teuren "Fracking" Erdöl aus Schiefergestein herauslösen und sich nicht gegen einen fallenden Ölpreis abgesichert haben.

Importeure

Für sie ist der Ölpreis-Rückgang ein Konjunkturprogramm. Zu dieser Gruppe zählen die Türkei oder Japan. Deren Aktienmärkte haben seit September prozentual zweistellige Kursgewinne verbucht.

Fluggesellschaften

Auch die internationalen Airlines sind Nutznießer, da Treibstoff für sie ein großer Kostenfaktor ist. Die Aktien von Lufthansa, Air France, IAG und Ryanair haben in den vergangenen drei Monaten zwischen 15 und 35 Prozent zugelegt. Ob die Fluggesellschaften daraus den Schluss ziehen, die Ticketpreise für die Passagiere zu senken, darf indes bezweifelt werden.

(rtr)
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