Düsseldorf Richter kippt Eilanträge gegen Tarifeinheitsgesetz

Düsseldorf · Karlsruhe erteilt den Spartengewerkschaften einen Dämpfer. Über das Gesetz wird 2016 endgültig entschieden.

Für gewöhnlich sind sich Verdi, die zweitgrößte deutsche Gewerkschaft, und die deutlich kleineren Gewerkschaften wie Marburger Bund, Vereinigung Cockpit (VC) oder Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer alles andere als grün. Kunststück, denn die kleinen, sogenannten Spartengewerkschaften haben in der Vergangenheit der Dienstleistungsgewerkschaft die eine oder andere Berufsgruppe abspenstig gemacht, weil sich die Beschäftigten von der Multibranchengewerkschaft Verdi nicht ausreichend vertreten fühlten.

Umso bemerkenswerter, dass es dann doch Themen zwischen den verfeindeten Lagern gibt, die sie einen. Ein solches ist das Tarifeinheitsgesetz. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte das Gesetz auf den Weg gebracht, nachdem das Bundesarbeitsgericht 2010 den bis dahin akzeptierten Grundsatz "ein Betrieb, ein Tarifvertrag" gekippt hatte. Die Richter erklärten, dass die Tarifeinheit die kleinen Gewerkschaften in ihrer grundgesetzlich zugesicherten Koalitionsfreiheit behindere. Mit dem Tarifeinheitsgesetz wollte Nahles den alten Zustand wieder herstellen. Arbeitgeber aber auch die großen DGB-Gewerkschaften hatten das gefordert, um nicht "den Betriebsfrieden zu stören". Seit Inkrafttreten des Gesetzes gilt immer dann, wenn in einem Betrieb zwei Gewerkschaften eine Berufsgruppe vertreten wollen und sich nicht einigen können, der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft.

Genau dagegen haben sich die Spartengewerkschaften und auch Verdi per Klage gewehrt. Gestern jedoch kassierten sie dabei vorerst eine Niederlage. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte den Antrag auf einstweilige Anordnung von Cockpit, Marburger Bund und dem Deutschen Journalisten-Verband ab. Damit bleibt das Gesetz bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren in Kraft. Die VC zeigte sich enttäuscht. "Das Tarifeinheitsgesetz hat im Bereich der Gewerkschaften im Luftverkehr eine Situation geschaffen, welche uns als Vereinigung Cockpit in unserer Freiheit akut bedroht, in Zukunft wirksame Tarifverträge für unsere Mitglieder abzuschließen", sagt Ilja Schulz, Präsident der VC. Der Gewerkschaftsvorsitzende spielt auf die von der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation (Ufo) mitgegründete IG Luftverkehr an. Würde es dieser gelingen, auch bei den Piloten tariffähig zu werden, könnte sie die VC etwa bei der Lufthansa aus dem Unternehmen drängen. Die Spartengewerkschaften begrüßten, dass das Gericht eine Hauptsacheentscheidung für Ende nächsten Jahres in Aussicht stellte. Zudem ließ es das Gericht ausdrücklich zu, dass bei einer "erheblichen Änderung der tatsächlichen Umstände" der Antrag auf einstweilige Anordnung erneut gestellt werden könne.

(maxi)
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